Rezension

Politisch hochbrisant

Sandy / Das Kind mit der Knarre -

Sandy / Das Kind mit der Knarre
von Katja Kleiber

Bewertet mit 4 Sternen

„...Vom Main her drängten die Faschos auf den Römer. Ihr Aufmarsch auf dem historischen Platz in der Mitte der Frankfurter City war in letzter Sekunde gerichtlich erlaubt worden. Gleichzeitig strömten von der anderen Seite […] immer mehr Antifas auf den Römern...“

 

Und mittendrin ist Sandy. Die junge Frau wird von Wombel, einem Freund und Antifa, begleitet. Die Rechtsanwältin Freya hilft ihr, den Chaos zu entkommen, als die ersten Pflastersteine fliegen. Ein Polizist wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingewiesen. Beschuldigt wird Deniz, der zur Antifa gehört und sich um junge Flüchtlinge kümmert.

Die Autorin hat eine spannende Geschichte geschrieben und dabei einige politisch brisante Themen eingeflochten.

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er sorgt für ein rasantes Tempo und charakterisiert gleichzeitig die Protagonisten.

Für mich ist es der erste Roman der Autorin. Ich konnte allerdings problemlos der Handlung folgen. Sandy ist liiert mit dem Polizisten Mattu. Der möchte gern mit ihr zusammenziehen. Sie aber will ihre Freiheit in jeder Beziehung nicht aufgeben.

Dann erfolgt in Frankfurt der Anschlag auf ein Flüchtlingsheim. Dort ist auch der junge Afghane Wahid untergebracht. Sein Vater gehörte in Afghanistan zu den Ortskräften. Nun lebt er mit der Tochter im Untergrund. Nur den beiden Söhnen gelang die Flucht. Und Wahids kleiner Bruder stirbt bei dem Brandanschlag.

 

„...Djalil war gestoben, ohne die kleinste Chance sich zu retten. Sein kleiner Bruder mit den struppigen schwarzen Haaren. Der ihn begleitet hatte, ohne sich je zu beklagen...“

 

Sehr gekonnt legt die Autorin die Finger in die Wunde manch gesellschaftlicher Probleme. Schon bei der Demonstration zeigt es sich, dass die Polizei zwischen allen Fronten steht. Beide Seiten, ob rechts oder links, sind an einer friedlichen Auseinandersetzung nicht interessiert.

Doch auch bei der Polizei grassiert rechtes Gedankengut. Nach dem Brand im Wohnheim wurde eine wichtige Aussage nicht aufgenommen. Einer der Bewohner hatte einen Mann mit einem SS- Tattoo am Hals beobachtet.

Wahid bekommt mehrmals zu spüren, dass er in Deutschland nicht erwünscht ist. Der Tod des Bruders hat ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Seine Trauer und seine Schuldgefühle, den Bruder nicht beschützt zu haben, sind in jeder Zeile spürbar. Er verlässt die Flüchtlingsunterkunft. Als er in einer WG unterkommt, ist er immer der Schuldige, egal, was passiert.

Als Wahid erfährt, wer den Brand gelegt hat, begibt er sich auf einen Rachefeldzug. Sein Onkel macht ihm klar, dass er keine andere Wahl hat, wenn er seine Ehre nicht verlieren will. Ist er noch zu stoppen?

Sandy versucht alles. Dazu begibt sie sich auch in das Sportstudio des Täters.

 

„….Die Maske erschwert das Atmen. Wenn man mit Maske trainiert, steigt die Zahl der roten Blutkörperchen an, und man wird fitter...“

 

Am Ende gibt sich eine befriedende Lösung. Wahid muss sich nicht schuldig machen. Außerdem findet er eine neue Heimat.