Rezension

Potenzial der Geschichte wurde mir durch Differenzen mit der Protagonistin verwehrt

Der Spiegel von Feuer und Eis - Lynn Raven

Der Spiegel von Feuer und Eis
von Lynn Raven

Bewertet mit 2.5 Sternen

Mein größtes Problem war, dass ich mich mit der Protagonistin nicht ganz anfreunden konnte. Cassim erzählt bis auf wenige Abschnitte, die sich am Ende häufen, die Geschichte (aus der dritten Person) und irgendwie erreichte sich mich schonmal gar nicht. Selbst nach dem Lesen habe ich nur eine ziemlich blasse Vorstellung von ihr.
Positiv ist vermutlich, dass sie tatsächlich mal abgesehen von ihrer Begabung ein ganz normales Mädchen ohne weitere besondere Fähigkeiten ist. Leider kommt sie so auch allein nicht wirklich zurecht und handelt auch irgendwie nicht. Zugegeben, vermutlich soll sie ein großes Herz haben und wenn es um Morgwen geht, zeigt sie auch eine gewisse Kratzbürstigkeit, aber alles in allem ist das wenig überzeugend.
Ich habe auch irgendwie nicht mit ihr gefühlt, es war eher so, als sähe ich ihr aus der Ferne zu, und nicht, als würde ich das mit ihr erleben.

Trotz der für Bücher von Lynn Raven verhältnismäßig eher geringen Seitenzahl kam mir das Buch zwischendurch ziemlich zäh vor. Cassim hat lange Zeit irgendwie keine Ahnung (als Einzige, übrigens), und so steht der Leser erstmal auch ein wenig auf dem Schlauch. Während der Leser sich dann irgendwann schon die Hälfte von allem zusammengereimt hat, vertraut Cassim weiter jedem, hinterdenkt nichts und findet auch irgendwie nichts heraus, sodass der Leser gelangweilt dem Moment entgegensieht, wenn sie ein paar Erkenntnisse hat. Gegen Ende wurde es dann besser, auch wenn mich die Auflösung dann irgendwie wieder verwirrt hat.
Dazu kam ein kleiner Logikfehler, als eines der wichtigsten Elemente einfach vergessen wurde.

Der beste (und tiefgründigste) Charakter des ganzen Buches dürfte Morgwen sein, der in den Augen einer anderen Protagonistin vielleicht noch besser zur Geltung gekommen wäre. Mysteriös, undurchschaubar und irgendwie dunkel ist er eben einfach ein Bad Boy. Aber auch hier hatte ich das Gefühl, dass sein Potenzial erst gegen Ende genutzt wurde und hätte mir gewünscht, dass das noch ein bisschen mehr ausgearbeitet würde, denn er hat durchaus die Voraussetzungen, ein Mädchen ins Schwärmen zu bringen, die er aber erst wirklich gegen Ende nutzt.

Dabei ist es nicht so, als hätte die Idee kein hohes Potenzial, im Gegenteil. Die Autorin beschreibt eine fremde, in ewigem Schnee gefangene, faszinierende Welt mit besonderen Wesen. Das Setting ist ziemlich winterlich und von der Autorin bildlich beschrieben. Das Buch war durchaus flüssig und unterhaltsam zu lesen.
Hätte ich nicht diese Differenzen mit Cassim gehabt, hätte es mich vielleicht auch begeistern können. Wem das anders geht, dem dürfte das Buch wohl auch um Einiges besser gefallen.

Fazit: Blasse Protagonistin, zu der mir die Nähe fehlte - infolgedessen leichte Längen und nicht ganz ausgenutztes Potenzial