Rezension

Rasante Geschichte

Die Atlantis Zone - Jürgen Mohring

Die Atlantis Zone
von Jürgen Mohring

Bewertet mit 4 Sternen

„...Glaube führte zu mehr Moral und Mitmenschlichkeit unter den Menschen. Das war es, was Atlantis fehlte...“

 

Wir befinden uns weit in der Vergangenheit. Aron Ahronson hatte vor fünf Jahren seine Familie verlassen. Jetzt kehrt der 21jährige römische Legionär aus Hispanien in sein jüdisches Elternhaus zurück. Doch es kommt zur Katastrophe. Aron muss fliehen und gelangt auf ein Schiff. Dort regiert die Angst, als sie plötzlich in einer Nebelbank stecken. Aron wird über Bord gestoßen.

Er erreicht eine unbekannte Insel, die ganz anders ist, als er es aus der Heimat kennt. Er ist in Atlantis gestrandet.

Der Autor hat einen spannenden Roman geschrieben, der Vergangenheit und Science Fiction miteinander verknüpft.

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er sorgt für den rasanten Ablauf der Geschichte. Die läuft zum Teil wie ein Film vor den Augen des Lesers ab. Das hat allerdings auch geringfügige Nachteile. So hätte ich mir ab und an eine zusätzliche Information und ein Blick hinter das Geschehen gewünscht. Das betrifft insbesondere die technische Seite der Geschichte. Ich erfahre zwar, wie es zum ungewöhnlichen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aufschwung kam, auch welche physikalischen Gesetze ihm zugrunde liegen, aber nicht, welches konkrete Element dafür genutzt wird. Natürlich bin ich mir bewusst, dass wissenschaftliche oder pseudowissenschaftliche Abhandlungen das Tempo aus der Erzählung nehmen und deshalb sicher nur von einer Minderhiet der Leser begrüßt wird.

In Atlantis trifft Aron auf eine Gesellschaft, die ihrer Zeit weit voraus ist. Die technischen Möglichkeiten beeindrucken ihn. Hier hat der Autor eine Reihe an neuen Ideen verarbeitet. Allerdings zeigt ein Blick hinter die Kulisse, dass die Gesellschaft keine Moral kennt. Ein Herrschaftsschicht bestimmt, was geschieht, kontrolliert rund um die Uhr und scheut auch vor Mord nicht zurück. Sehr schnell haben sie eine Idee, wie sie Arons Ankunft für ihre Ziele ausnutzen können. Fremdenhass und Abschottung führen dabei die Feder, Verleumdung und geschickte Intrige sind die Methoden.

„...Wir wollen leben, so wie wir es wollen. Nicht wie es uns ein König oder Kaiser befiehlt...“ Dieses Zitat von Waki gegenüber Aron zeigt, das die Bewohner von Atlantis überhaupt nicht begreifen oder begreifen wollen, dass ihre sogenannte Freiheit von wenigen Herrscherfamilien überwacht und gesteuert wird. Sie sonnen sich im Bewusstsein, anders zu leben als der Rest der Welt.

Zu den sprachlichen und inhaltlichen Höhepunkten gehört für mich das Gespräch zwischen Lumron und dem Präsidenten. Lumron legt schnell den Finger in die Wunde. Er erkennt, dass menschliche und moralische Werte auf Atlantis nur wenig Platz haben. Machterhalt um jeden Preis, auch dem von Menschenleben, ist das wichtigste Ziel. Dabei fällt das Eingangszitat.

Wenn es keinen gibt, der den Herrschenden auf die Finger sieht und sie nie für die Folgen ihres Handelns zur Verantwortung gezogen werden, dann können solche Sätze fallen wie von einem der Generäle.

„...Nichts war schöner als Herr zu sein über Leben und Tod...“

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Auf spannende Weise zeigt der Autor, dass wissenschaftlicher fortschritt und moralisches Handeln nicht unbedingt Hand in Hand miteinander gehen. Als Leser sind mir durchaus Parallelen zur Gegenwart aufgefallen. Einige der Erfindungen oder Überwachungsmöglichkeiten sind heute schon keine Zukunft mehr. Ob das gewollt ist?