Rezension

Rasante Story mit ungewöhnlicher Heldin

Elbenthal-Saga - Die Hüterin Midgards - Ivo Pala

Elbenthal-Saga - Die Hüterin Midgards
von Ivo Pala

Bewertet mit 5 Sternen

Der komplette Einband des Buches ist in glänzenden Farben gehalten. Er zeigt eine gerüstete Elbin mit gezogenem Schwert – vermutlich die Hüterin Midgards – vor einem Schloss inmitten einer Höhlenwelt. Endlich mal wieder ein Cover, das zu dem Inhalt des dazugehörigen Buches passt. :-)

Svenja steht kurz vor ihrem siebzehnten Geburtstag, ein Geburtstag, der für sie etwas Besonderes werden soll. Als junge, heimflüchtige Obdachlose sieht sie nur selten ein echtes Bett und die Gelegenheiten, eine echte Dusche genießen zu können, sind begrenzt. Zur Feier des Tages hat sie sich von ihrem spärlichen Gehalt als Küchenhilfe und Mädchen für alles ein Zimmer in einem günstigen Hotel reserviert – für sie der pure Luxus.

Doch wie immer im Leben kommt es anders als geplant: Im Hinterhof der Gaststätte, bei der sie angestellt ist, wird sie von einem unheimlichen Wolf überrascht. Ein Wolf, mitten in Dresden. Svenja denkt nicht lange nach, sie flieht. Eine Flucht, die nicht lange erfolgreich bleibt, denn der Wolf ist nicht der einzige, der sie jagt: Svenja wird sowohl von Dunkel-, als auch von Lichtelben gesucht. Für die Dunkelelben ist sie die Hoffnung, einen Weg zurück in die Heimat zu finden, für die Lichtelben die einzige Chance, die Dunkelheit von Midgard – unserer Erde – fernzuhalten.

Schon der Prolog der Geschichte hat mich überrascht: Die Elben in dieser Geschichte gehen mit der Zeit, neben klassischen Waffen wie Schwertern – die hier allerdings aus Titan gefertigt sind – benutzen sie auch moderne Waffen wie Maschinenpistolen. Was auf den ersten Blick ungewöhnlich scheint, ist nach kurzem Nachdenken aber plausibel: Denn warum sollten die Elben auf fortschrittliche Waffen verzichten? Sie würden ihren Feinden damit nur einen Vorteil gewähren.

Die Hauptperson der Geschichte, Svenja, ist ebenfalls ungewöhnlich. Obwohl sie in das Standardschema „ein junger Mensch ist ohne es zu wissen auserwählt, die Welt zu retten“ passt, ist sie anders. Denn Svenja hat kein Interesse daran, die Welt zu retten. Was hat die Welt auch für sie getan, das sie es wert ist, gerettet zu werden? Svenja will nur eines: Überleben. Sie folgt den Elben, weil sie keine Wahl hat. Und auch, wenn ihr Elbenthal – die Höhlenwelt, in der die Lichtelben leben – gefällt, fühlt sie sich dort unten nur gefangen. Und auch, wenn es Personen gibt, die ihr das Gefühl vermitteln dazuzugehören, gibt es andere, die ihren Missmut nicht verbergen. Als sie das Gefühl hat, dass ihre Bestimmung, die Hüterin Midgards zu sein, sie zwingt, gegen ihre Überzeugungen zu handeln, flieht sie aus Elbenthal.

Ivo Pala vermischt gekonnt Gestalten und Orte aus Legenden und Sagen mit unserer aktuellen Welt. Alte Magie und neue Technologie laufen dabei Hand in Hand. Und auch wenn einige der Sagengestalten nicht ganz ihren Beschreibungen aus den Sagen entsprechen, kann man dies durch die sich im Lauf der Zeit verändernden Erzählungen und etwas Elbenmagie erklären.

Die einzelnen Figuren sind detailliert beschrieben, sowohl was ihre Geschichte (und ihr Auftreten in den Sagen) angeht, als auch ihre Hintergründe für ihr Verhalten Svenja gegenüber. Keiner von ihnen ist dabei wirklich böse, hell und dunkel verschwimmen hier schnell zu Grautönen. Ebenso wie die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht eindeutig sind, sind auch die Meinungen der Personen nicht festgefahren. Nicht nur Svenja, sondern auch die Nebenfiguren entwickeln sich innerhalb der Geschichte weiter.

Trotz des hohen Detaillierungsgrades bleibt die Geschichte durchweg spannend. Sie beginnt bereits ziemlich rasant und auch im weiteren Verlauf der Geschichte bleiben dem Leser nur kurze Atempausen, in denen er sich an neue Situationen gewöhnen kann, bevor er sich mit Svenja wieder mitten im Getümmel wiederfindet. Man hat das Gefühl, im Kopf einen Fantasy-Action-Film ablaufen zu sehen.

Das Ende des Buches ist passend und, obwohl es sich bei „Die Hüterin von Midgard“ um den Auftakt einer Reihe handelt, abgeschlossen. Damit bietet das Buch eine gute Möglichkeit in diese neue Welt hineinzuschnuppern. Es besteht zwar die Gefahr einer verkürzten Nacht, diese wird aber durch den Lesespaß definitiv kompensiert.