Rezension

Realitätsnahe Darstellung der Aufklärung von Korruption im schottischen Polizeiapparat, aber als Kriminalfall zu spannungsarm erzählt, auch wenn die Protagonisten neugierig auf weitere Bände der Reihe machen.

Das Gebot der Rache -

Das Gebot der Rache
von Neil Lancaster

Bewertet mit 3 Sternen

Ein berüchtigter schottischer Mafiaboss, der Polizei und der Unterwelt als "der Abdecker" bekannt ist, wird von seinen Söhnen als vermisst gemeldet. Detective Sergeant Max Craigie ermittelt und findet die Leiche Tam Hardies in einem Grab auf einem alten Friedhof. Er wurde brutal mit einem Säbel seiner eigenen Vorfahren ermordet. Der Täter wird überraschend schnell gefunden und legt ein Geständnis ab. Für Max ist der Fall damit jedoch nicht gelöst. Unmöglich kann der alte schmächtige Mann den Clanchef alleine getötet und in dem alten Grab unter der schweren Grabplatte beerdigt haben. Selbst als weitere Morde offensichtlich aus Vergeltung verübtwerden, findet Max bei seinen Vorgesetzten kein Gehör. Der Fall gilt als abgeschlossen, Max soll seine Ermittlungen einstellen. Doch Max möchte die Blutfehde stoppen und legt sich damit nicht nur mit der mächtigsten Verbrecherfamilie Schottlands sondern auch mit dem schottischen Polizeiapparat an, der offenbar korrupt ist.

"Das Gebot der Rache" ist Band 1 der Krimireihe um DS Max Craigie. Max ist ehemaliger Soldat mit einem Alkoholproblem, leidet unter posttraumatischen Belastungsstörungen und ist von seiner Ehefrau getrennt, die er noch liebt. Sein Privatleben und seine psychischen Probleme spielen jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Im Fokus ist seine Arbeit als Polizist, für die er lebt. Sein Engagement ist glaubwürdig, weshalb naheliegend ist, dass er von den unbekannten korrupten Kollegen entsetzt ist, die die Machenschaften von Schwerstverbrechern decken oder sogar unterstützen.
An Max' Seite ist seine junge Kollegin Janie Calder, die wie er eine Außenseiterin in der Abteilung für Organisierte Kriminalität ist, aber genauso eifrig bei der Sache ist und sich nicht von älteren, überheblichen und sexistischen Kollegen unterkriegen lässt.

Der Roman beginnt mit einem Mord, aber die Tätersuche ist nicht der Kern der Ermittlungen. Tatsächlich gilt es nicht nur der Verbrecherfamilie Hardie das Handwerk zu legen, die die gesamte Familie des Mörders ihres Vaters umlegen wollen und dabei auch vor Unschuldigen keinen Halt machen, sondern insbesondere die Korruption innerhalb der schottischen Polizei aufzuklären.
Der frühzeitig suspendierte Max und die noch unerfahrene, aber blitzgescheite Janie bilden dabei ein sympathisches Team, das sich gut ergänzt. Während Max hinter dem Rücken seines Chefs in eigener Sache ermittelt, genießt Janie dort das Vertrauen und kann Max sinnvoll unterstützen. Sie liefern sich damit ein unterhaltsames Katz-und-Maus-Spiel mit ihren Gegenspielern.

Der Kriminalfall ist aufgrund der Perspektivwechsel und der Tatsache, dass man Täter, Anstifter und Handlanger kennt und auch die unmoralischen Polizisten bald bekannt sind, nur mäßig spannend. Die Ermittlungen ist weniger auf eine Verbrechensaufklärung und Aufdeckung von Strukturen innerhalb der Polizei fokussiert, sondern dienen mehr der Beweissammlung zu bereits bekannten Fakten, wodurch Wiederholungen nicht ausbleiben und der Korruptionsfall nur oberflächlich gelöst wird. Dies mag realitätsnah sein, ist als Roman jedoch ernüchternd. 
Die Polizeiarbeit mit allen technischen Hilfsmitteln wirkt aufgrund der persönlichen Erfahrung des Autors authentisch, die sehr umgangssprachlichen Dialoge unter den Ermittlern passend. Zudem sind Max und Janie und auch ihr Vorgesetzter interessante Charaktere, die persönlich Potenzial für weitere Bände haben.