Rezension

Rezension // "Die Spur der Hebamme" von Sabine Ebert

Die Spur der Hebamme - Sabine Ebert

Die Spur der Hebamme
von Sabine Ebert

Bewertet mit 5 Sternen

Marthe und Christian leben noch immer im Christiansdorf, als sie die Nachricht erreicht, vor der sich beide schon lange Zeit gefürchtet haben. Randolf ist zurück von seiner Reise ins Heilige Land, um dort seine Sünden zu büßen. Doch bevor sich die Befürchtungen des jungen Ehepaares bewahrheiten können, kommt es zu noch viel grausameren Vorkommnissen. Marthe wird von einem Unbekannten angeschwärzt und muss sich plötzlich als Hexe vor einem Kirchengericht verantworten. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, in dem Christian weit weg ist, wird Marthe daher verhaftet. Doch als Christian endlich von der Sache erfährt und zu Marthes Rettung eilt, ist Marthe spurlos aus ihrem Verlies verschwunden. 
Nachdem ich vor kurzem den ersten Teil der Hebammen-Saga gelesen hatte, wollte ich natürlich auch die Fortsetzung dazu lesen. "Die Spur der Hebamme" ist der zweite von insgesamt fünf Teilen der Reihe. 
Der Einstieg in das Buch ist mir relativ leicht gefallen, zumal es ja wirklich noch nicht lange her war, dass ich eben Teil 1 gelesen habe. Zwischen der Handlung der beiden Teile ist ein wenig Zeit vergangen, insgesamt um die drei Jahre. Marthe und Christian leben immernoch in Christiansdorf, dem Dorf, das die Siedler gemeinsam aufgebaut haben, um sich ein besseres Leben zu schaffen. Zwischenzeitlich sind die beiden auch Eltern geworden. Sie sind Eltern des 3-jährigen Thomas und seiner kleinen Schwester Clara. Das Leben könnte für die kleine Familie so schön sein, doch eines Tages kommt Christian zurück aus Meißen und hat schlechte Nachrichten. Randolf, der von Markgraf Otto zur Läuterung ins Heilige Land geschickt wurde, ist zurück. Anfangs war ich diesbezüglich etwas skeptisch, da ich befürchtet habe, dass einfach der Konflikt aus dem ersten Buch im zweiten wieder aufgenommen wird und dann bis zum Erbrechen breit getreten werden soll. Aber Gott sei Dank war dem nicht so. Der Konflikt zwischen Christian und seinem Todfeind Randolf brodelt zwar unter der Oberfläche weiter, nimmt aber kein nerviges Ausmaß an. Irgendwie wäre es auch schade gewesen, wenn die Streitigkeiten so einfach aus der Welt geschafft wären. Auf jeden Fall hat Sabine Ebert ein gutes Gleichgewicht gefunden. 
 

Auch der Schreibstil hat mich wieder voll und ganz überzeugt. Frau Ebert schafft es, der Geschichte einen mittelalterlichen Touch zu geben, ohne sie unverständlich zu machen. Die von ihr verwendeten Begriffe aus dieser Zeit erschließen sich zwar meist aus dem Kontext, trotzdem findet sich am Ende des Buches ein Glossar, das eben diese Begriffe erklärt. Diese Art und Weise, die Geschichte zu erzählen, macht sie authentisch und der Leser taucht voll und ganz in diese Zeit ein. 
Das Buch wird zwar jeweils aus dritter Sicht beschrieben, dabei wechselt aber die Erzählperspektive. Damit bekommt der Leser für jede Situation die nötigen Informationen und kann sich somit besser in die jeweiligen Charaktere einfügen. Trotz der fast 700 Seiten konnte ich das Buch flüssig und schnell lesen.
All die Charaktere, die man im ersten Teil kennen gelernt hat, tauchen auch wieder in "Die Spur der Hebamme" auf. Dabei stehen natürlich Marthe und Christian im Vordergrund, doch auch die "Nebencharaktere" kommen meiner Meinung nach nicht zu kurz. Alle machen durch die Bank weg eine erkennbare Entwicklung durch. Mir ist ja im ersten Teil vor allem Hedwig, die Frau des Markgrafen ans Herz gewachsen, da sie klug und intelligent ist und es trotz ihrer Stellung als Frau fertig bringt, in die Geschäfte ihres Mannes hinein zu wirken. Hedwig bekommt im vorliegenden Buch eine eigene Geschichte zugedacht, bei der ich wirklich gespannt bin, welche Folgen diese im nächsten Teil haben wird. Ebenfalls hervorgestochen ist meiner Meinung nach Lukas, der ehemalige Knappe von Christian, der zwischenzeitlich die Schwertleihe erhalten hat und somit ebenfalls in den Stand eines Ritters erhoben wurde. Sein Schicksal habe ich wirklich mit Spannung verfolgt und gerade durch seine Geschichte fühlte ich mich richtig in diese Zeit versetzt. Die Charaktereigenschaften von Marthe und Christian, die sich bereits im ersten Teil abgezeichnet hatten, werden im zweiten Teil noch intensiviert. Mit Marthes Hellsichtigkeit, die ich ja noch beim Vorgänger kritisiert habe, hab ich mich auch abgefunden. Zwar finde ich es immer noch etwas komisch, ein solches "fantastisches" Element in einen historischen Roman einzubauen, doch dieses Mal hat es zur Geschichte beigetragen und wurde auch nur in ganz kleinem Ausmaß thematisiert. Daher sah ich das beim zweiten Teil nicht unbedingt mehr als Kritikpunkt an.
Die ganze Handlung beschränkt sich eigentlich auch wenige, meist bereits bekannte Orte. Zunächst wäre da natürlich Christiansdorf, in dem zwischenzeitlich die Wirtschaft floriert. Dank der Silberfunde hat sich das kleine Dorf mit den provisorischen Hütten in eine kleine Stadt verwandelt, der Markgraf Otto auch gleich eine Burg verpassen will. Außerdem spielen auch wieder große Teile der Geschichte in Meißen, dem Ort, von dem aus Otto seine Ländereien verwaltet. Nach Teil 1 war es wie ein Eintauchen in eine Stadt, die ich wie meine Westentasche kenne. Auch kam schön der Unterschied zwischen dem kleinen Dorf und der großen Stadt mit seinem höfischen Benehmen zum Tragen. Außerdem kommen ab und an auch andere Örtlichkeiten vor, von denen ich mir eigentlich ein wirklich gutes Bild machen konnte, obwohl sie nicht bis ins kleinste beschrieben wurden. 
Das Ende dagegen ist etwas zu kitschig für mich, passt aber gut zur Geschichte und dient auch dazu, das Buch zu lesen, ohne die anderen Teile zu kennen. Es wurde zwar kein Cliffhanger eingearbeitet, aber das ganze Buch wirft einige Konkfliktherde auf, bei denen ich hoffe, dass sie in den Nachfolgern weiterverfolgt werden. Sie machen auf jeden Fall Lust auf mehr. 

Schlussworte
Alles in allem steht "Die Spur der Hebamme" seinem Vorgänger in nichts nach. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und das Buch in wenigen Tage verschlungen. Die Kritikpunkte, welche mir im ersten Teil aufgefallen sind, haben mich komischerweise beim zweiten Teil gar nicht mehr gestört, daher habe ich auch nichts gefunden, an dem ich etwas aussetzen könnte. Die Charaktere habe ich (meistens) schon ins Herz geschlossen und ich kann es kaum erwarten, den nächsten Teil zur Hand zu nehmen. Für Histo-Fans ist die Reihe bestimmt eine Bereicherung.