Rico und Oskar zum ersten - grandios!
Bewertet mit 5 Sternen
Der Junge Rico nennt sich selbst "tiefbegabt": "Ich kann zwar viel denken, aber das dauert meistens etwas länger als bei anderen Leuten." Und dann verliert er den roten Faden - oder ist der grün oder blau? Aber Rico kann auch sehr genau beobachten und er kann mitreißend erzählen. Darum soll er für den Lehrer im Förderzentrum ein Ferientagebuch führen. Was muss alles hinein? Der Alltag mit seiner alleinerziehenden Mutter, die anderen Mieter aus dem Mehrfamilienhaus in Berlin, die Tieferschatten im einsturzgefährdeten Hinterhaus, der "Aldi"-Kindesentführer Mister 2000, und dann vor allem Oskar: Rico lernt den kleinen hochbegabten Jungen mit dem Motorradhelm vor seiner Haustür kennen, und endlich findet Rico seinen ersten Freund...
Dieses Kinderbuch bietet viel: Es ist ein Kinderkrimi, bei dem die kindlichen Leser gemeinsam mit der Hauptperson kombinieren können. Es ist eine Milieuschilderung von Berlin mit vielen schrägen Typen und einem bunt zusammengewürfelten Wohnhaus. Der Leser erfährt etwas über das graue Gefühl, über Armut und vernachlässigte Kinder. Und last not least: Er sieht die Welt aus den Augen eines "lernbehinderten" Kindes und kann dabei nicht nur dessen Defizite sehen, sondern seine Stärken erleben. Rico ist ein sympathischer Held, mit dem sich der Leser identifizieren kann. Und auch für Humor ist gesorgt: Rico nimmt vieles wörtlich und er bastelt sich seine eigenen Erklärungen zusammen - das führt zu funkelndem Sprachwitz.
Mit Rico und Oskar hat der renommierte Autor Andreas Steinhöfel wieder unverwechselbare Kinderbuchhelden geschaffen. Völlig zu Recht hat dieses Buch 2009 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Kinderbuch erhalten; Steinhöfel erhielt 2013 den Sonderpreis als Autor. Mittlerweile gibt es zwei Fortsetzungen: "Rico, Oskar und das Herzgebreche" und "Rico, Oskar und der Diebstahlstein". Das hier besprochene erste Buch wurde inzwischen verfilmt und auch als Musical herausgebracht. Vielleicht wird der Film dem Buch weitere Leser verschaffen? Zu wünschen wäre es.