Rezension

Rückkehr nach Bois d'En Haut

Der Sommer, in dem alles begann -

Der Sommer, in dem alles begann
von Claire Léost

Bewertet mit 4 Sternen

Zwanzig Jahre sind vergangen, seit Hélène das Dorf ihrer Kindheit verlassen hat. Nun ist sie zurück in Bois d'En Haut, dem abgelegenen Dorf im Finistère, das sie Hals über Kopf in jungen Jahren verlassen hat. Um zu verstehen, warum sie gegangen und was damals geschehen ist, lässt uns Claire Léost in Rückblicken in drei Frauenleben eintauchen.

Anfang der neunziger Jahre treffen sie aufeinander: Hélène, die Sechzehnjährige, deren Weg bis dahin vorgezeichnet scheint. Odette, Rückkehrerin und Betreiberin des Dorfladens, die Vater und Mutter während des Zweiten Weltkriegs verlor und in Paris auf einen Neuanfang wagte, der sich allerdings ganz anders als erhofft gestaltete. Und Marguerite, die auf der Suche nach ihren Wurzeln mit Mann und Tochter nach Bois d'En Haut kommt und dort eine Stelle als Lehrerin annimmt.

In drei Zeitebenen erzählt Claire Léost die Lebenswege dieser drei Frauen und entspinnt aus ihren Schicksalen eine bewegende Geschichte. Natürlich drängt sich durch die zentrale Stellung Hélènes die Coming-of-Age Thematik auf, aber die Geschichte hat deutlich mehr zu bieten. Zum einen lässt sie uns eintauchen in die bretonische Kultur, zeigt deren Widersprüchlichkeit zwischen dem Festhalten an Tradition und dem Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung. Zum anderen erzählt sie aber auch von generationsübergreifenden traumatischen Erfahrungen, von Verletzungen und Verlust, von der Suche nach Liebe, aber auch nach einem eigenen Leben, vom Weggehen und Zurückkommen. All dies eingebettet in die stimmigen, unsentimentalen Beschreibungen von Landschaft und Strukturen, die die Autorin aus eigenem Erleben kennt.

Eine Empfehlung, nicht nur für den nächsten Urlaub in der Bretagne.