Rezension

Ruhig, ausdehnend und intensiv ...

Das brennende Mädchen - Claire Messud

Das brennende Mädchen
von Claire Messud

Bewertet mit 4 Sternen

Julia und Cassie. Cassie und Julia, zwei Mädchen und eine große Freundschaft. Sie fühlen sich wie Schwestern, benehmen sich wie siamesische Zwillinge und können sich ein Leben ohne einander nicht vorstellen. Unzertrennlich, draufgängerisch und unbeschwert erleben sie ihren letzten gemeinsamen Sommer, bevor sie die Schule wechseln und alles anders wird. Die Freundschaft verliert sich, obwohl nichts Schlimmes passiert ist, kann Julia sie nicht wieder finden, trotz ihrer Bemühungen. Aber was hat die beiden so verändert? Kannten sie sich wirklich so gut? Und wie erklärt sich Julia diese Freundschaft von damals?

Normalerweise hätte mich der Inhalt nicht ganz angesprochen, aber der Vermerk mit New York Times Bestseller und, und, und, sind einfach extrem verlockend. So was zieht am Ende doch bei mir und ich werde neugierig und nehme das Buch zur Hand. Das brennende Mädchen ist auch nun ausgelesen, aber ob ich schlussendlich auch für die Geschichte entbrannt bin, erzähle ich euch nun.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert und der Erste widmet sich den einen letzten Sommer, wo alles noch gut war. Da haben wir die besonnene und schlaue Julia. Die aus wohlerzogenem Hause kommt und deren Weg irgendwie schon gefestigt vorbestimmt ist. Dagegen steht Cassie, draufgängerisch und auch etwas übermütig, die von ihrer Mutter allein groß gezogen wird, da ihr Vater schon verstorben ist. Tja, und wo man jetzt schon weis, wie auch ihr Leben aussehen wird. Beide kennen sich ewig, beide haben den festen Glauben, dass es ein Leben ohne ihre Freundschaft nicht geben wird, da es einfach undenkbar ist. So stromern sie durch die Gegend, erzählen sich Geheimnisse und suchen sich einen Platz, nur für sich. Es ist die Zeit, wo die Zukunft in weiter Ferne liegt und man sich einfach nicht vorstellen kann, dass sich der gegenwärtige Zustand je ändern wird. Die Beschreibungen der Autorin lassen einen selbst die jugendliche Naivität nochmals nachspüren und Erinnerungen wach werden. Tja, und man spürt schon, was kommen wird.

Der zweite Teil widmet sich dann dem Umbruch. Julia ist eine schlaue Schülerin, die an der weitergehenden Schule direkt gefördert wird und deren Leistungen mit denen von Cassie weit auseinanderliegen. So kommt es, das beide in der Schule wenig Miteinander zu tun haben und sich die Freundinnen immer weiter entfernen. Während Julia an der Freundschaft festhält und sich irgendwie bemüht, ändert sich der Wirkungskreis von Cassie ganz gravierend, ihre Interessen gelten nun mehr Partys und Jungs. Schnell ist zu spüren, dass die einstige Unbefangenheit, in Bemühen und Unnahbarkeit umschlägt. Dabei ist bei dem beiden gar nix passiert, nur der Lebensweg hat sich extrem verändert und gerade in der Zeit des Heranwachsens, kann dieser auch Freundschaften lahmlegen. Und so schlittern wir auch direkt in den dritten Teil, wo sich alles noch einmal verschärft und die Konturen an Härte und Klarheit gewinnen. Wie gut kennen wir unseren gegenüber und können wir ihm auch noch helfen, wenn wir nicht mehr so wirklich wissen, wie dieser tickt? Julia muss einiges lernen, was das Heranwachsen so mit sich bringt.

Claire Messud nimmt sich einer Freundschaft an und lässt uns den Wandel von Zeit und Raum miterleben. Dabei gewährt sie uns Einblicke in unsere eigene Jugend und Wahrnehmung. Wo wir einst dachten, da passt kein Blatt zwischen uns, wird ein klaffender Abgrund draus. Wege, die ganz klar, in die gleiche Richtung gehen, biegen Kilometer weit voneinander ab und es ist die Frage, lohnt sich die Kraft dran festzuhalten? Diese Erfahrung mussten wir bestimmt alle schon mal machen und es tut weh, loslassen zu müssen. Sich von dem Gefühl, der Unsterblichkeit einer Freundschaft zu lösen und nicht dran zu zerbrechen. Aber nicht nur das ist Thema dieser Geschichte, da stecken noch einige andere zwischenmenschliche Dinge drin und die Erfahrung, der erste Blick bedeutet nicht, jemanden wirklich zu kennen. Und wie genau schau ich hin und wie interpretiere ich Schicksale besser.

Die Autorin beschreibt ruhig, ausdehnend und intensiv von dieser Freundschaft und den auf- und ab‘s derer. Dabei steht ganz klar Julia mit ihrer Sicht im Mittelpunkt. Und jetzt muss ich was gestehen, mir fallen solche Geschichten immer im ersten Moment sehr schwer, da ich nicht weiß wohin soll das führen, was will uns der Autor sagen. Somit kann ich nicht immer das Gelesene genießen und suche nach dem großen Ganzen. Das befindet sich aber hier in der Erzählung und kommt oft etwas zu lang und ausschweifend daher, obwohl es kein langes Buch ist. Was mein Geschmack betrifft, war es mir einfach zu unaufgeregt, schön zu lesen, aber dadurch, dass es kaum Fahrt aufnimmt, etwas zäh zu lesen. So ist es etwas für schöne Sommertage mit Zeit.

Das brennende Mädchen ist eine Geschichte über die Freundschaft und das man diesen Veränderungsweg nicht immer aufhalten kann. Toll, sehr lebensklug erzählt, aber auch mit einigen Längen.