Rezension

✎ Russell Wangersky - Walt

Walt - Russell Wangersky

Walt
von Russell Wangersky

Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir eine Menge von diesem Buch versprochen habe.. Der Klappentext klingt mega interessant: Ein Mann, der die Einkaufszettel anderer Leute sammelt - wer denkt da nicht sofort an sich selbst und seine Gewohnheiten diesbezüglich?!

Doch schon zu Anfang beginnt die Geschichte sehr verhalten, ja geradezu langweilig. Zuerst lernt man Walt kennen, der von sich erzählt. Dann auch noch Alisha. Irgendwann kommt zudem auch noch eine dritte Perspektive ins Spiel, die das Ganze aber keineswegs interessanter gestaltet.

Mir bleiben die Figuren zu blass, zu unpersönlich, zu wenig ausgearbeitet. Bei Walt mag diese Masche ziehen - da passt auch super das Cover zu -, aber so ein paar Details mehr hätten der Geschichte schon ganz gut getan. 

Auch beginnen die Kapitel, die aus Walts Sicht geschrieben sind, alle ziemlich gleich: Die Beschreibung des Einkaufszettels und seine Analyse. Hier hätte ich mir gewünscht, dass man die Listen authentischer abbildet - also in einer richtigen Handschrift. Walt Beschreibt ja alle, wie sie aussehen, welche Merkmale sie haben.. Warum also nicht auch visuell zeigen?!

Zudem langweilte ich mich mit zunehmender Seitenzahl immer mehr, denn Walts Schilderungen sind nicht nur nüchtern, sondern auch einfach uninteressant.

Alishas Sicht habe ich sehr gerne gelesen. Da kommt das Genre 'Psychothriller' auch rüber. Mit ihr fühlt / bangt man mit. Bei ihren Worten schlug mein Herz regelmäßig schneller. Leider waren diese Passagen eher rar gesät.

Es ist vielleicht manchmal ganz interessant, wenn der Leser sich seine eigenen Gedanken machen kann und die Geschichte in jedem Kopf eine andere Form annimmt. Aber ich persönlich möchte gerne wissen, was der Autor mir mitteilen mag, wie er die Geschehnisse sieht - schließlich könnte ich ansonsten meine ganz eigene Geschichte schreiben. Russell Wangersky hat für meine Begriffe zu viel Interpretationsraum gelassen.

Der Schreibstil des Schriftstellers war eins der wenigen positiven Dinge: Er verwendet zumeist kurze Sätze, die eigentlich super zu dem Thema und dem Genre passen, weil sie oft ein hohes Tempo kennzeichnen. Leider kommt das aufgrund der ganzen genannten negativen Punkte nicht zum Ausdruck. 

Das Werk hat also seeehr viel Potenzial, welches der Autor meiner Meinung nach teilweise echt verschenkt. Es regt zum Nachdenken an, wirkt aber durch eine zu offene Geschichte nicht tiefgründig genug. Herr Wangersky wirkt mit diesem Buch auf mich, als hätte er super Ideen, aber Angst, zu viel zu sagen - aber genau das muss man als Autor (manchmal): Die Menschen mit der Nase draufstupsen!

©2016