Samias Traum von Olympia
Bewertet mit 4.5 Sternen
"Sag nicht, dass du Angst hast" schildert das Leben der somalischen Läuferin Samia Yusuf Omar - von den bescheidenen Anfängen im Kriegsgebiet Somalia über ihren größten Traum und Erfolg, die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2008 in Peking, bis zu ihrem Tod im Jahr 2012.
Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, eine schwierige Aufgabe, da das Buch natürlich nicht von Samia selbst geschrieben worden ist, sondern von dem italienischen Journalisten Giuseppe Catozzella, der zu ihrer Geschichte recherchierte. Die Informationen kamen dabei von Samias in Finnland lebender Schwester, dürften also recht zuverlässig sein, auch wenn nicht alles zu 100% biographisch korrekt ist. Catozzella schafft es gut, die Gefühle der Läuferin auszudrücken; ihren Ehrgeiz, die beste Läuferin der Welt zu werden, aber auch ihre innere Zerrissenheit zwischen dem Verleib in Somalia, um eine Vorkämpferin für die Befreiung der Frauen in Somalia zu sein, und dem Wunsch nach Erfolg, den sie nur im Ausland erreichen kann.
Catozzella konzentriert sich nur auf die zentralen Momente in Samias Leben, eine gute Entscheidung, wie ich finde. Alles, was erzählt wird, ist relevant für die Geschichte. Auch dadurch wirkt die Geschichte und Erzählweise sehr unverfälscht, sodass es nicht wie eine fiktive Geschichte wirkt, die auf die Unterhaltung des Lesers ausgelegt ist. Gleichzeitig empfindet man es nie als eine Aufzählung von biographischen Fakten, es ist durchaus interessant zu lesen, obwohl man ja eigentlich von Anfang an weiß, wie die Geschichte ausgeht. Man will wissen, was passiert ist, dass eine Olympia-Teilnehmerin bei der illegalen Überreise nach Europa stirbt.
"Sag nicht, dass du Angst hast" ist ein sehr interessantes Buch mit einer aktuellen Problematik. Doch es ist kein typisches Buch für dieses Thema. Es geht hier nicht um Arbeit und Geld in Europa, es geht um die Erfüllung eines Traums. Und es handelt davon, dass man alles erreichen kann, wenn man den nötigen Ehrgeiz hat. Dass man niemals aufgeben sollte, auch wenn man schon verloren hat. Genau das macht es zu einem sehr besonderen Buch, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen würde.