Rezension

Schaurig pilzige Atmosphäre

Was die Toten bewegt (Eine packende und atmosphärische Nacherzählung von Edgar Allan Poes Klassiker „Der Untergang des Hauses Usher“) -

Was die Toten bewegt (Eine packende und atmosphärische Nacherzählung von Edgar Allan Poes Klassiker „Der Untergang des Hauses Usher“)
von T. Kingfisher

Kann ein so kurzes Büchlein mich begeistern, die eigentlich „Hier!!“ schreit, wenn irgendjemand mit einem dicken Schinken wedelt? Spoiler alert - ja, das Büchlein kann mit seinen gut 180 Seiten grausig gut unterhalten. 

 

Die Neuerzählung von Edgar Allan Poes Roman „Der Untergang des Hauses Usher“ kommt schaurig daher. Alex eilt in das Usherse Anwesen, da eine alte Kindheitsfreundin um Hilfe gerufen hat. Maddie ist sehr krank, und weder ihr Bruder noch ein herbeigerufener Arzt können ihr helfen. Unterwegs trifft Alex die Hobbymykologin Miss Potter, die leidenschaftlich gerne Pilze porträtiert. Dass die Pilze später noch eine giftige Rolle spielen werden, ahnt Alex zu dem Zeitpunkt noch nicht. Aber die Atmosphäre ist auf diesem ersten Seiten klar gesetzt. Düster, schwammig, unheilschwanger und ein bisschen obskur kommt diese erste Szene daher - aber umso mehr faszinierend. Wo andere Autoren für die Skizze der Landschaft, des wichtigen Objektes und einer Hand voll Figuren dutzende Seiten benötigen, schafft es T. Kingfisher schon auf den ersten Seiten ein klares Bild in meinen Kopf zu schreiben, welches ich auf dem Kurztrip immer behalten sollte. 

 

Ich mochte Alex sehr gerne. Ein Offizier, der schon viel erlebt hat, trotzdem noch offen für Grauen und Ängste ist. Alex ist der Ich-Erzähler, dem ich gerne bei den Ermittlungen gefolgt bin. Kingfisher beschränkt sich auf eine Handvoll Figuren, die das Buch erfüllten, aber nicht zum Platzen bringen und der gruseligen Grundstimmung gut tun. 

 

Das Buch sog mich förmlich ein - je tiefer ich in die mykologischen Details versank und je offensichtlicher es wurde, dass sich Alex hier mit einer kleinen mykologischen Problematik konfrontiert sieht, die bisweilen ziemlich schaurig und eklig sein kann. Mich hat es ein wenig an eine pilzige Serie erinnert - in einem sehr positiven Sinne. Das Anwesen der Ushers passte auch wie die Faust aufs Auge in die Grundstimmung des Romans. Baufällig, knarzend. Ich habe auch viel über Alex’ Herkunft und seine Offizierslaufbahn erfahren - was den Charakter für mich greifbarer und lebendiger gemacht hat. Selbst sein Pferd wollte ich am Ende streicheln - und ich glaube, das allein spricht für sich. 

 

Es war mein erster Kingfisher - es wird sicher nicht der letzte gewesen sein.