Rezension

Schicksalhafte Entscheidungen in unsicheren Zeiten

Der Aufbruch der Geschwister -

Der Aufbruch der Geschwister
von Ellin Carsta

Schicksalhafte Entscheidungen in unsicheren Zeiten

Deutschland leidet unter der Willkür des Nazi-Regimes, Hass, Folter und Tod stehen an der Tagesordnung. Die Menschen fühlen sich wie Gefangene in ihrem eigenen Land und leben unter dem Joch eines Wahnsinnigen, dessen Anhänger keine Grenzen kennen.

„Eines Tages würden diese elenden Nazis aus dem Lande vertrieben sein und ruhigere Zeiten anbrechen. Doch bis dahin musste er funktionieren wie ein Uhrwerk und ihnen stets einen Schritt voraus sein. Denn wenn nicht, bedeutete es den vollkommenen Verlust von allem, was ihm jemals etwas bedeutet hatte – vermutlich sogar den Verlust seines Lebens.“

Das strategische Geschick des vorausschauenden, stets besonnen handelnden Gutsbesitzers Paul-Friedrich von Falkenbach ist im Juni des Jahres 1941 mehr denn je gefordert. Durch seine Weigerung, dem Bezirksverbandspräsidenten Christian Weber seinen edlen Zuchthengst „His Highness“ zu überlassen, weckte er den Unmut dieses skrupellosen und machthungrigen Nationalsozialisten. Paul-Friedrich möchte seine geliebten Pferde um jeden Preis dem gierigen Zugriff seines Widersachers entziehen. Doch mit seinem waghalsigen Schachzug begibt er sich in höchste Gefahr und riskiert, alles zu verlieren.

Ich verfolge die Geschicke der Familien von Falkenbach und Lehmann bereits seit dem ersten Band und finde, die Autorin hat sich diesmal wirklich übertroffen. Ellin Carsta kreiert einen außergewöhnlich hohen Spannungsfaktor, der am Ende des Buches seinen Höhepunkt erreicht. Abgesehen von der permanenten latenten Bedrohung durch die Schergen der Nationalsozialisten herrschen auch innerhalb der Familien Unstimmigkeiten. Während Gustav beinahe an den Vorgängen in der Heil- und Pflegeanstalt in Eglfing-Haar zerbricht, wächst Claras Angst vor der Enthüllung ihrer dunklen Geheimnisse. Die bislang stets leichtsinnige und kein Blatt vor den Mund nehmende Wilhelmine agiert in diesem Band gefestigter und gereift. Sie beweist innere Stärke und Weisheit und wächst in einer prekären Situation geradezu über sich hinaus. Paul-Friedrich hat alle Hände voll zu tun, um das Ruder herumzureißen und die Familie vor dem drohenden Untergang zu bewahren, während Dorothea mit inneren Konflikten zu kämpfen hat. Auch Elisabeth Lehmann ist mit ihrer Situation unzufrieden und verhält sich den anderen gegenüber gereizt, ihr Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter Käthe ist angespannt. Wilhelm und Johannes Lehmann unterstützen Paul-Friedrich bei seinen geheimen und äußerst riskanten Schachzügen, und schließlich trifft sogar ein Brief von Leopold aus Warschau ein.

Nachdem ich diese beiden Familien nun schon einige Zeit begleiten durfte, sind mir die handelnden Figuren mittlerweile ans Herz gewachsen, es war schön, ihnen im neunten Band dieser Buchreihe wieder zu begegnen. Man merkt zunehmend, wie der Zusammenhalt innerhalb der Familien zeitgleich mit der Bedrohung durch das Naziregime immer stärker wird. Die Autorin lässt sowohl altbekannte Gesichter, als auch eine unerwartete neue Bedrohung in Form eines unscheinbar wirkenden Mannes den Schauplatz des Geschehens betreten. Dieser entpuppt sich in einem aufregenden Cliffhanger als brandgefährlicher und nicht zu unterschätzender Gegner. Ellin Carsta präsentiert ihren Lesern schließlich ein nervenaufreibendes Finale, welches eine spannende Fortsetzung verheißt.

Das wunderschöne Cover besticht mit einer malerischen Abbildung einer Szene aus dem Inhalt dieses Buches und stellt einen echten Blickfang dar. Die gefällige Optik animiert regelrecht dazu, dieses Buch zur Hand zu nehmen und sich in den Klappentext zu vertiefen. Dennoch würde ich für ein besseres Verständnis jedem interessierten Leser ans Herz legen, die Reihenfolge bei der Lektüre der einzelnen Bände einzuhalten.

Hervorheben möchte ich auch das beigelegte Lesezeichen, das für mich inzwischen zu einem vertrauten und unverzichtbaren Extra geworden ist. Die übersichtliche Darstellung der Familienstammbäume in Form dieser auch optisch ansprechenden Beilage fungiert als praktische Orientierungshilfe.

Fazit: Ich empfand „Der Aufbruch der Geschwister“ dank des einnehmenden Schreibstils der Autorin, sehr gut recherchierter historischer Hintergründe, hervorragend gezeichneter Charaktere und eines rasanten Plots als fesselndes und beeindruckendes Leseerlebnis. Das Buch hat mich ausgezeichnet unterhalten und ich vergebe auch für diesen neunten Band der Reihe um Gut Falkenbach begeisterte fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung!