Rezension

Schmerz ist gut und böse, viele Erkenntnisse, die mir beschert wurden

Schmerz - Harro Albrecht

Schmerz
von Harro Albrecht

Bewertet mit 5 Sternen

Heute berichte ich über ein Buch, das eine überlebenswichtige Empfindung zum Thema hat: Harro Albrecht: Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte

Diesmal gibt es das Fazit zuerst:

Es gibt (noch) keine Lösung zur Schmerzbekämpfung. Diese liegt wahrscheinlich darin, für jeden Patienten ein eigenes Mittel zu finden. Zukunftsmusik. Kein leicht zu lesendes Sachbuch und für Menschen, die glauben, hier eine Lösung für sich zu finden, nur Ansätze bekommen. Vor allem für den chronischen Schmerz.
Schmerzen sind wichtig! Ohne Schmerzen würden wir nicht existieren, denn der Schmerz ist zunächst ein Warnsignal. Das Beispiel des Autors Harro Albrecht in seinem Buch „Schmerz – Eine Befreiungsgeschichte“ von Menschen ohne Schmerzempfinden, die Cipa-Kinder von Be’er Scheva (Israel), zeigt dies deutlich. Die Kinder empfinden weder bei gebrochenen Gliedmaßen, noch bei Infektionen oder sonstigen Schmerzreizen etwas. Dadurch kommen sie zu spät in ärztliche Behandlung und sterben früh.
Der normale Schmerz, der uns hin und wieder plagt, oder auch nach einem Eingriff für kurze Zeit in unserem Bewegungsdrang bremst, ist notwendig für den Heilungsprozess. Dagegen helfen die üblichen Mittel, die bereits zum Teil seit langer Zeit auf dem Markt sind oder schon seit Jahrhunderten den Menschen vom Schmerz befreien.
Etwas völlig anderes sind chronische Schmerzen und auch Phantomschmerzen. Warum unser Körper diese Signale sendet und wie wir sie unterbrechen können, daran arbeiten sich schon seit Generationen viele Wissenschaftler ab. Albrecht schreibt äußerst ausführlich über den Wendepunkt des Schmerzes in der Geschichte zwischen Kirche und Wissenschaft, die Trennung zwischen Seele und Körper und wie diese wieder zusammenfanden. Der Autor geht vielen, wenn nicht allen medizinischen Errungenschaften nach, ob diese nun sinnvoll waren oder nicht, kommt detailliert auch immer wieder in folgenden Kapiteln darauf zurück, um neue Sichtweisen, Ideen und Gedanken der Wissenschaftler aufzugreifen. Ob dies nun die bildgebende Technik, Genforschung, Zellstrukturen und Nervenbahnen oder das noch immer geheimnisvolle Gehirn betrifft. Je mehr wir über die Zusammenhänge in unserem Körper und Gehirn und deren Wege der Kommunikation zu wissen scheinen, je mehr stellen wir fest, wie wenig wir darüber wissen. Jegliche Einflüsse der Psyche, Umweltfaktoren, kulturelle Einflüsse und, nicht zu vergessen, die Erlebnisse unserer Vorfahren prägen unser Schmerzleben. Wenn wir es wollen, können wir selbst sehr viel dazu tun, uns vor Schmerzen zu schützen, oder chronische Schmerzen zu bekämpfen. Medikamente können für bestimmte Personengruppen (Schwerstkranke, Ältere) eine Lösung sein, bekämpfen aber nicht die Ursache an sich. Auch bei vielen chirurgischen Eingriffen werden Hoffnungen zerstört, zum Beispiel wenn Nerven stillgelegt werden und die Schmerzen dennoch wiederkommen. Der Autor stellt ganzheitliche Schmerzkliniken vor, die viele medizinische Abteilungen im Boot haben, die Körper und Geist gemeinsam betrachten und Lösungen aus der Schmerzfalle suchen. Einen einfachen Lösungsweg gibt es trotzdem bisher nicht. Kein leicht zu lesendes Sachbuch, aber lohnenswert für alle, die mehr über den Schmerz wissen wollen.