Rezension

Schönes Gefühlskino

Ich wünsche mir, dass endlich mal was Schönes passiert - Trixi von Bülow

Ich wünsche mir, dass endlich mal was Schönes passiert
von Trixi von Bülow

Bewertet mit 4 Sternen

„Das Erste, was mir auffällt, ist, dass ich nichts denke. Seit 365 Tagen denke ich ununterbrochen über mein Leben nach. Wie es ist, wie es war, wie es sein wird. Die Gedanken begleiten mich in den Schlaf, sie summen nachts an meinem Ohr, sie sind vor meinem Bett versammelt, noch ehe ich die Augen aufschlage. Und nun sitze ich auf einer Düne an der Nordsee, meine Hände in den Sand gestützt, der Wind zupft an meinen Haaren, die Luft schmeckt nach Salz, mein Brustkorb weitet sich, ich atme aus. Das Meer liegt vor mir, ein silbriges weites Land, das kein Gestern und kein Morgen kennt - nur diesen einen Moment, der stärker ist als die Gedankenflut in meinem Kopf und dessen schimmerndes Bild eine wohltuende Leere auf meiner Netzhaut hinterlässt. Ohne den Blick abzuwenden, sage ich: »Es ist so schön hier. Danke!«“

Zitat, Seite 5

Friederike Berger, kurz Fritzi, ist Ende dreißig, geschieden und alleinerziehend. Gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter Lilli wohnt sie in Köln, wo sie als Lektorin für einen renommierten Buchverlag arbeitet. Eigentlich kann sie auf ein recht beschauliches Leben zurückblicken. Doch das Scheitern ihrer Ehe stimmt sie nachdenklich: ist ihr Leben unbemerkt auf das falsche Gleis geraten?

Wie eine Heldin kämpft sie sich fortan durch den Dschungel des Alltags. Sie jongliert Termine, versucht den Erwartungen von allen Seiten gerecht zu werden und verzweifelt ihr hoffnungslos überzogenes Konto wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ihre Tochter benötigt ihre volle Aufmerksamkeit. Ein Fulltime-Job, der ihr alles abverlangt. Zunehmend wird ihr bewusst: das Leben ist kein Film und sie ist nicht Grace Kelly!

Johanna, Fritzis Freundin, entgeht der sichtlich mitgenommene Zustand ihrer Freundin nicht, weshalb sie beschließt, mit ihr nach Bergen aan Zee, einem holländischen Ort an der Nordsee, zu fahren. Einem Ort, der Fritzi nicht nur neue Kraft schenken sondern auch so manches Abenteuer für sie bereithalten soll: ist Fritzi tatsächlich schon bereit für ein neues Abenteuer?

„Alles was wir tun, hat Konsequenzen, bewirkt oder verändert etwas.“

Zitat, Seite 238

Bereits nach wenigen Zeilen hat mich diese leise und nahezu unspektakuläre Geschichte verzaubert. Ich hörte das Rauschen der Wellen und schmeckte die salzige Nordseeluft. Ich blickte gemeinsam mit Fritzi über das Meer; ließ mich treiben, von ihren Gedanken. Verstand ihre Sehnsucht, die mich Zeile um Zeile begleitete. Eine Sehnsucht, die wir alle in uns tragen. Die Sehnsucht nach Liebe und dass nach einer unglücklichen Phase im Leben endlich mal wieder was Schönes passiert.

Ganz oft sind wir auf der Suche nach dem ganz großen Glück. Wir streben nach Großem obwohl es oft vielmehr die kleinen Dinge sind, die uns wirklich glücklich machen. Sie liegen ganz unbemerkt am Rande des Weges und wir lassen sie liegen und sehen sie längst nicht mehr.

Auch Fritzi meint, ihr Glück in einem neuen Mann finden zu müssen. Fast schon verbissen hangelt sie sich von einem Kandidaten zum nächsten. Eigentlich sollte ihre Vergangenheit sie gelehrt haben. Dennoch kann sie es nicht sein lassen. Sie schaltet den Kopf aus, lässt sich vom Herzen treiben und benimmt sich wie ein Teenager. Sie blickt durch die rosarote Brille. Bis sie eines Tages erwacht, ohne Brille.

Was mir an der Geschichte so gut gefallen hat, war die Authentizität. Trixi von Bülow erzählt eine Geschichte, wie sie das Leben schreibt. Sie verzichtet auf große Effekte und erfreut sich vielmehr an den kleinen Dingen. Sie schenkt uns eine Botschaft: lebe dein Leben und zwar jeden Moment. Auch wenn die erste Hälfte des Buches sich etwas zu sehr auf Fritzis erste Begegnung konzentrierte und der Schluss im Gegenzug viel zu schnell kam, konnte mir Trixi von Bülow ein Lächeln auf die Lippen zaubern.

Die Geschichte überrascht mit einigen unerwarteten Wendungen und verzaubert durch eine lebendige Sprache. Sie bringt den Leser zum Schmunzeln und stimmt ihn zugleich nachdenklich. Aus diesem Grund bekommt dieses wunderbare Buch 4 von 5 Muscheln von Bergen aan Zee.