Rezension

Schreiben kann er, und wie!

Der Tag der Engel - Paul Weiler

Der Tag der Engel
von Paul Weiler

Bewertet mit 5 Sternen

Schreiben kann er, der Autor, und wie! Er kann Sachbuch und er kann Thriller. Und am besten ist er, wenn er beides verknüpft und in eine Fiktion verpackt, die Wirklichkeit sein könnte.

John Flender, ein herausragender Biomediziner, wird von einem anonym bleibenden Auftraggeber ausgewählt, gegen viel Geld in völliger Isolation für 2 Jahre an einem Forschungsprojekt teilzunehmen, nur durch ein vielfach gesichertes und verschleierndes Computersystem mit anderen weltweit führenden Wissenschaftlern verbunden. Aufgabe ist die Entschlüsselung des menschlichen Alterungsprozesses und damit die Möglichkeit, Alter und Tod zu überwinden. Untergebracht in einem abgelegenen Cottage in Südengland taucht er wie in einer Taucherglocke in seine fesselnde  Arbeit, unterbrochen nur durch gelegentliche Besuche seiner Betreuerin Anna Cortini.  Nach vielen Monaten intensivsten erfolgreichen Forschens entdeckt John Flender jedoch eine Unstimmigkeit in den Labordaten und bringt durch Nachfragen sich und andere in größte Gefahr…

Vom Prolog an wird der Leser ins Buch hineingezogen. Die Charaktere der Protagonisten sind lebendig und psychologisch nachvollziehbar in ihren schlüssigen Lebensläufen geschildert, ohne zu übertrieben ins Detail zu gehen. Wie eine Wellenbewegung steigt die Spannung an und ab und wieder an, man langweilt sich an keiner Stelle. Am faszinierendsten jedoch finde ich persönlich, wie es Paul Weiler gelingt, tatsächliche wissenschaftliche Erkenntnisse, wie z. B. die Zusammenhänge zwischen Zellteilung und Altern, für Laien verständlich zu erklären und wissenschaftliche Zukunftsträume wie z. B. den Einsatz des bereits 2009 entdeckten Unsterblichkeitsenzyms Telomerase in die Fiktion des Buches einzubauen.

Dieser (Wissenschafts-)Thriller ist viel mehr als ein kurzweiliges Lesefutter. Er wirft im Rahmen der Handlung grundsätzliche ethische, auch religiöse und sozialpolitische Fragen auf und lässt den Leser intensiv teilnehmen am Disput darüber, inwieweit Genmanipulationen am Menschen Fluch oder Segen sind. Dass der Thriller trotz dieser gewaltig großen Themen niemals langweilig oder schwierig-trocken ist, ist das große Verdienst des brillanten Autors.