Rezension

Schweigen können

Alte Sorten - Ewald Arenz

Alte Sorten
von Ewald Arenz

Bewertet mit 5 Sternen

Klappentext

Sally und Liss: zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sally, kurz vor dem Abitur, will einfach in Ruhe gelassen werden. Sie hasst so ziemlich alles: Angebote, Vorschriften, Regeln, Erwachsene. Fragen hasst sie am meisten, vor allem die nach ihrem Aussehen.
Liss ist eine starke, verschlossene Frau, die die Arbeiten, die auf ihrem Hof anfallen, problemlos zu meistern scheint. Schon beim ersten Gespräch der beiden stellt Sally fest, dass Liss anders ist als andere Erwachsene. Kein heimliches Mustern, kein voreiliges Urteilen, keine misstrauischen Fragen. Liss bietet ihr an, bei ihr auf dem Hof zu übernachten. Aus einer Nacht werden Wochen. Für Sally ist die ältere Frau ein Rätsel. Was ist das für Eine, die nie über sich spricht, die das Haus, in dem die frühere An-wesenheit anderer noch deutlich zu spüren ist, allein bewohnt? Während sie gemeinsam Bäume auszeichnen, Kartoffeln ernten und Liss die alten Birnensorten in ihrem Obstgarten beschreibt, deren Geschmack Sally so liebt, kommen sich die beiden Frauen näher. Und erfahren nach und nach von den Verletzungen, die ihnen zugefügt wurden.

Meinung

 Wie sehr können Worte verletzen, wie sehr kann Schweigen verwunden, was macht Sally wenn sie sich überall fremd fühlt, was ist das für Liss ein Gefühl angebunden zu sein?
Liss fühlt sich eingesperrt in einer Umgebung wo der eine sagt wo es lang geht und alle anderen müssen hinterher und wehe nicht. Sally möchte dann essen, reden oder schlafen, wann sie möchte nicht dann, wenn andere meinen es ist die passende Zeit.
Beide können die Worte hinter dem Schweigen der anderen hören. Beide spüren die Verletzungen der anderen und verstehen sie. Beide fragen nicht und bekommen trotzdem Antworten.
Anders sein dürfen, wie Bäume die nach der Sonne wachsen, frei nicht an Pfähle angebunden.
 Verschieden sein wie alte Sorten Birnen, wo jede anders schmeckt.
Ein selbstbestimmtes Leben, ohne Vorgaben, wie das haben wir immer so gemacht oder was sollen die Leute sagen.
Der Autor spielt mit dem Geschmack der Birnen, mit der Arbeit auf einem Hof, er vermittelt die Wärme der Sonne, das Gefühl vom Regen im Gesicht, er lässt uns warme Erde fühlen, einen Bienenstich erwarten.h
Er zeigt aber auch die Hilflosigkeit der Eltern, der Umgebung wenn jemand anders fühlt als es "normal" ist.
Alles zusammen hat ein sehr intensives Buch ergeben, das ich nach dem durchlesen, eigentlich sofort wieder anfangen wollte. Es ist ein Buch das den Leser gefangen nimmt und nie wieder los lässt.
Eines der Bücher die man immer wieder liest und wenn es dann irgendwann auseinander fällt, neu kauft.
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