Rezension

Screwball in der Engelsburg

Die Verliese des Vatikan - André Gide

Die Verliese des Vatikan
von Andre Gide

Bewertet mit 3 Sternen

1914 war „Die Verliese des Vatikans“ bestimmt ein freches, frivoles Buch, das sowohl den Adel wie die Literaten, den Klerus wie die Kaufleute auf die Schippe nahm. In fünf Kapiteln geben sich die handelnden Personen das Heft des Handelns in die Hand, der stets präsente Erzähler folgt dem Szenewechsel, als käme nach dem Vorhang die nächste Kulisse. Verbindendes Element der Erzählung sind die Figuren selbst, die in zum Teil überraschenden Konstellationen aufeinandertreffen. So wird der Schwager des Literaten zufälliges Opfer des unehelichen Bruders des Literaten.

Wann wird der Papst entführt? Erst auf Seite 98 erfährt man vom Komplott der „Loge“, den Papst in die Verliese der Engelsburg zu entführen, um bei braven Katholiken den Klingelbeutel mit unerhörten Lösegeldern zu füllen. Keine Frage, dass der „Tausendfuß“ hinter dem Komplott die Naivität seiner betuchten Mitmenschen gnadenlos ausnutzt.

So wirr wie der inhaltliche Einblick erschien mir die humorvolle Satire auch beim Lesen. Da Gide unter anderem hiefür den Nobelpreis erhielt, muss ich also in mir den Fehler suchen. Vielleicht handelt es sich um mehr als eine angerüschte Screwballkomödie mit schlagfertigen Dialogen und verkleideten Halunken? Keine Ahnung - ich empfand die Lektüre als kurzweilig, aber belanglos und bin nicht angeregt, weitere Werke von André Gide zu kosten.