Rezension

Sehnsuche – Von der Sehnsucht nach einem guten Gott

Als Gott mich fallen ließ - Jennifer Zimmermann

Als Gott mich fallen ließ
von Jennifer Zimmermann

Bewertet mit 4 Sternen

Jennifer Zimmermann kennt die unbequemen Krankenhausstühle zur Genüge. Ihr zweites Kind kommt mit Fehlbildungen zur Welt und muss in den ersten Monaten seines Lebens immer wieder stationär behandelt werden. Als es mit der Gesundheit des Kindes langsam aufwärtsgeht, stirbt ihr Vater, und einige Zeit später eine weitere nahestehende Person. Alles zusammen bringt die Welt der Autorin nicht nur ins Wanken. Wie das Bild der sturmgepeitschten Wellen auf dem Cover, wird ihr der Boden unter den Füßen weggezogen.

Die große Glaubenskrise der Autorin hat viel mit der Frage nach dem Charakter Gottes zu tun. Sie fragt sich, ob Gott wirklich ein guter Gott ist. Jennifer Zimmermann sieht nicht nur das Leid ihres eigenen Kindes. Auf der Kinderstation des Krankenhauses begegnen ihr tagtäglich schreckliche Schicksale. Kann Gott gut sein und gleichzeitig zulassen, dass unschuldige Kinder leiden?

Über mehrere Monate hinweg ringt sie mit ihren Fragen und Zweifeln. Und sie ringt mit Gott. Ihre aufgewühlten Gedanken, die hier wiedergegeben werden, gleichen stellenweise den Klagepsalmen der Bibel. Sie liest unzählige Bücher über Leid und Schmerz, immer auf der Suche nach einer Antwort.

Immer wieder leuchtet es hell auf, wenn sie eine neue Wahrheit entdeckt. Sie erfährt mehr darüber, wer Gott wirklich ist. Letztendlich werden ihre Fragen nicht beantwortet, aber sie harrt aus und hält trotzdem an Gott fest.

Vor allem im ersten Teil dieses Buchs finden sich viele Wortbilder und bildhafte Beschreibungen. Dadurch erlebt der Leser die schwierigen Zeiten im Krankenhaus hautnah mit. Die Autorin hat einen ganz eigenen Schreibstil und es dauert ein bisschen, bis man sich daran gewöhnt. Aber dann faszinieren manche Ausdrücke und Wortbilder, weil sie so viel aussagen.

Eine sprachliche Besonderheit dieses Buchs ist das Erschaffen von neuen Wörtern. Eins das oft verwendet wird, ist „sehnsuchen“. Im Mittelpunkt steht nämlich diese sehnsüchtige Suche der Autorin. Andere Personen spielen nur eine Nebenrolle und bekommen keine Eigennamen. Es geht allein um die inneren Kämpfe der Autorin.

Dieses Buch ist keine leichte Lektüre. Die negativen Gefühle und das Schimpfen auf Gott könnte den Leser herunterziehen. Und von Seite zu Seite kommen nicht viele Lichtblicke, darum kann man beim Lesen nicht ab irgendeinem Punkt aufatmen.

Die ehrliche Beschreibung von Zweifeln und der Wut auf Gott kennzeichnen dieses Buch. Das ist vermutlich in Gottes Augen viel besser als Scheinheiligkeit. Aber Antworten kommen nur bruchstückhaft. Auch das ist ehrlich, doch dadurch ist dieses Buch nicht wirklich ermutigend oder aufbauend. Das sollte sich der Leser bewusst sein.

Fazit: Ein Klagepsalm unserer heutigen Zeit. Die Autorin hadert mit Gott, und hält doch an ihm fest, auch wenn ihre Fragen nicht beantwortet werden. Eine offene Schilderung von dem Erleben einer schweren Zeit und den hilfreichen Antworten auf dem Weg.