Rezension

Sehr anspruchsvoll, aber wunderschön

Benares oder Eine Erziehung des Herzens - Pankaj Mishra

Benares oder Eine Erziehung des Herzens
von Pankaj Mishra

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch erschien auch beim Suhrkampverlag unter dem Titel "Die Romantischen"

Der 19-jährige scheue Samar wartet in der Stadt Benares in Uttar Pradesh darauf, sein Examen für den Staatsdienst absolvieren zu können und vergräbt sich in seinen Büchern. Durch seine englische Mitmieterin Miss West lernt er die westlichen Aussteiger und Selbstsucher kennen, die in der heiligen Stadt leben. Fasziniert von ihnen beginnt Samar sein eigenes Leben zu hinterfragen und in ihm wächst der Wunsch ebenfalls in die Welt zu gelangen aus der seine neuen Bekanntschaften kommen. Er verliebt sich in Catherine kennen, die aber mit einem anderen zusammen ist und schon ihre Reise zurück nach Paris plant. Samar beginnt zu begreifen, dass Wünsche, Träume und schöne Worte eine verheerende Wirkung haben können.

Aber wieviele von uns können schon sagen, sie hätten das Morgenrot gefunden? Ich bin also nicht allein, sondern wir sind Millionen und das ist ein Quell des Trostes. - Rajesh S. 252

Viele werden jetzt denken, dass es bei diesem Buch um eine kitschige Liebesgeschichte geht. Dem ist aber nicht so.
Auf eine sehr anspruchsvolle, philosophische und oft melancholische Art und Weise wird Samars Reise zu sich selbst beschrieben. Die Sprache ist sehr bildlich und trotzdem poetisch gewählt. Durch seine glaubhaften Überlegungen wird man Emotional oft und gerne mitgerissen. Gerade das Emotionale verleiht der Geschichte sehr an Gewicht und dieses Buch ist definitiv nichts, was man zwischendurch lesen kann. Die Handlung ist dafür sehr einfach gehalten, was der Geschichte sehr gut tut und sie nicht unnötig verkompliziert. Da die Geschichte in Indien spielt sollte man allerdings im Hinterkopf behalten, dass die Zielgruppe dieses Buches eigentlich eine ganz andere Kultur ist. Einige wenige Anspielungen auf die Kultur und Religion sind daher etwas verwirrend, weil sie eine Grundkenntnis vorraussetzen, die wir hier nicht haben (können). Sie sind aber nicht entscheidend für die Geschichte und man kommt auch so gut durch das Buch. Am Ende gibt es einen hilfreichen Glossar, wo die Hindi-Wörter kurz erklärt werden über die man im Buch häufiger stoßen wird. Aufgeteilt ist das ganze in drei Teile mit eigenen nummerierten Kapiteln.

Samar ist auf seine eigene Art eine sympathische Person und mir hat es Spaß gemacht seine enorme Entwicklung mitzuverfolgen. Auch das Schicksal einiger Randfiguren war für mich ziemlich herzzerreissend. Auch wenn man im Grunde nicht viel über sie erfuhr, mochte ich sie sehr gerne. Catherine war dagegen die nervigste Figur in diesem Buch. Mit ihr konnte ich beim besten Willen nichts anfangen und ihr Verhalten fand ich oft einfach nur ätzend und unpassend. Und gerade am Anfang war das Thema Fremdschämen im Zusammenhang mit den "Ausländern" bei mir ziemlich groß. Ich fand das Verhalten oft einfach nur scheußlich und auch leider nichtmal wirklich weit hergeholt.

Was kann ich abschließend noch über das Buch sagen? Obwohl es ziemlich lange gedauert hat, bis ich das Buch mal durchgelesen hatte und ich mich nach 50 Seiten erschlagener gefühlt habe, als bei manch anderem Buch nach 150 Seiten, war das Buch einfach zum Heulen schön. Für Liebhaber von leichter Unerhaltung ist dieses Buch allerdings nichts.