Rezension

Sehr authentisch

Libellen im Kopf
von Gavin Extence

Bewertet mit 4 Sternen

“Libellen im Kopf”, der Titel machte mich neugierig. Libellen, diese zarten anmutigen Flugwesen, die so wunderschön anzuschauen sind, aber auch recht kopflos werden können, wenn ihnen etwas im Weg ist. Abby, eine schöne junge Frau, zart und fragil, ist manisch depressiv. In ihrem Kopf sind die Libellen. Als Leser weiß man zwar schon im Vorfeld, dass sie unter einer Psychose leidet, doch wie sich diese in ihrem Alltag entwickelt bekommt man erst während des Lesens richtig zu spüren. Ich muss zugeben: Bevor ich den Roman las, konnte ich mir unter manisch nicht wirklich etwas vorstellen. Depressiv ja, manisch nein. Wie wirkt sich das Manisch auf den Menschen aus? Ich hatte keine Ahnung. Erst durch Abbys Geschichte hat mir der Autor diese psychische Erkrankung näher gebracht.

Den Einstieg in die Handlung war recht lustig muss ich sagen. Fast schäme ich mich für den Lachanfall, den mir die ersten Seiten bescherten. Aber Gavin Extence hat eine gute Portion Britischen Schwarzen Humor in diese ersten Seiten einrieseln lassen und so kam ich um dieses Gackern gar nicht herum. Da der Autor selber unter dieser Krankheit leidet, ist dieser Humor aber durchaus ok. Erst allmählich eröffnete sich mir als Leser die ganze Tragik um Abby und ihre Krankheit. Es beginnt schleichend. Durch den Fund des toten Nachbarn kommt in Abby wieder alles durcheinander. Sie schläft wenig, grübelt viel. Der Schlafmangel, das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater, der Konsum von Partydrogen – all dies zieht sie hinunter. Doch auf dieses Tief, folgt auch ein Hoch. Sie ist überschwänglich, voller Datendrang, stürzt sich in die Arbeit. Die Talfahrt ist rapide und beängstigend.

Abby war mir zu diesem Zeitpunkt schon sehr nahe. Wie eine jüngere Freundin und ich stand ihrem Verhalten hilflos gegenüber. Wollte ihr so manches mal zurufen: bitte, bitte lass dir helfen! Dein Freund, deine Therapeuten, sie sind für dich da! Doch es war natürlich kein herankommen mehr an sie. Nur sie selber konnte am Ende eine Entscheidung treffen. Es war die richtige Entscheidung. Wie und was sich da abgespielt hat, verrate ich aber nicht weiter!

Am Ende der Geschichte hat Gavin Extence noch einen sehr persönlichen Brief für seine Leser in das Buch gepackt. Darin erzählt er offen über seine manischen und depressiven Phasen. Wie sich dies auf ihn und auch auf das Leben ausgewirkt hat und immer wieder tut. Auch wenn Abby eine erfundene Person ist, ist in die Geschichte viel seines persönlichen Leidens eingeflossen.

Mein Eindruck:

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt, das ist Abby. Mir hat der Roman die Krankheit Manisch Depressiv näher gebracht und lässt mich Menschen die darunter Leiden besser verstehen. Das Buch ist kein Ratgeber, dessen sollte man sich aber bewusst sein!