Rezension

Sehr lesenswert

Wo du uns findest -

Wo du uns findest
von Antonia Wesseling

Bewertet mit 5 Sternen

Melina und Ben sind seit eineinhalb Jahren ein paar. Die erste Phase des großen Verliebtseins ist vorbei, der Alltag hat sich eingeschlichen, dennoch sind sie glücklich - zumindest eigentlich: Ben ist in letzter Zeit sehr beschäftigt, denn er befindet sich im Praktischen Jahr seines Medizinstudiums und kommt neben dem Arbeiten im Krankenhaus und dem Lernen für die letzen Prüfungen kaum noch zum durchatmen. Oftmals schafft er es nicht, sich aufzuraffen, kommt beim lernen kaum voran, hat keinen Appetit und fühlt sich ausgelaugt. Ganz anders hingegen sieht es bei seiner Freundin Melina aus: sie befindet sich ebenso in den letzten Zügen ihres Studiums und bloggt schon seit einiger Zeit hobbymäßig. Durch einen Zufall bekommt sie einen großen Zuwachs an Abonnenten und es eröffnen sich ihr plötzlich ganz neue Möglichkeiten. Während sie sich riesig freut, fällt es Ben immer schwerer, diese neue Seite an seiner Freundin zu akzeptieren, denn sie blüht richtig auf, während seine Tage immer dunkler werden…

 

 

Die Leben der beiden wurden sehr ausführlich dargestellt und der Leser hat einen tiefen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt bekommen. Die Videoproduktion als Mels Hobby und Ben als angehender Arzt waren sehr gut ausgearbeitet, genauso wie die Mental-Health Themen, die in dem Buch eine Rolle spielen. Alles wirkte sehr realsitisch und echt, nichts wurde beschönt. Gerade deshalb habe ich die Geschichte sehr gerne verfolgt, auch wenn sie sich teils etwas zieht. Immer wieder erfährt man durch Rückblicke in die Kennlernzeit der beiden von den schönen Momenten und merkt, was sie sich eigentlich bedeuten, auch wenn man das aktuell nicht so spüren kann bzw sie es ich gegenseitig nicht so zeigen können. 

Das Buch leistet einen wichtigen Beitrag zur Sensiblisierung von psychischen Krankheiten, vor allem bei Männern. Das typische Männerbild kann dazu führen, dass Männer sich Probleme kleineren und größeren Ausmaßes nicht eingestehen wollen, denn im Hinterkopf ist oft eine kleine Stimme: Männer sind stark, Männer weinen nicht, Männer stärken der Frau den Rücken, nicht andersrum. Wie gefährlich eine solche Denkweise werden kann, sieht man an Ben. Immer wieder streitet er es ab, möchte keine Hilfe annehmen, ja er möchte es nicht mal vor sich selbst zugeben. 

Es ist außerdem endlich mal etwas anderes und zeigt, dass in einer Beziehung eben nicht alles super ist, denn man muss stetig an sich arbeiten. Es ist ganz normal, dass Interessen und Karrieren sich in verschiedene Richtungen entwickeln können. Trotzdem muss das nicht das Aus einer Beziehung bedeuten, denn mit viel Kommunikation und Verständnis dem Partner gegenüber kann man auch schwere Phasen gemeinsam durchstehen.

 

Band 2 hat mir erheblich besser gefallen als der erste, was vermutlich daran lag, dass mich die Themen mehr angesprochen haben, da ich mich besser mit ihnen identifizieren konnte. Besonders gefallen haben mir auch die Schauplätze in und um Köln.