Rezension

Shades of Grey vs. Pretty Woman

Plötzlich Callgirl - Portia Da Costa

Plötzlich Callgirl
von Portia Da Costa

Bewertet mit 3 Sternen

Weil sie von einer langweiligen Party flüchtet, landet Lizzie in der Lobby des Hotels und genehmigt sich ein paar Blicke auf die anwesenden Männer. Einer fällt ihr dabei besonders ins Auge und fesselt sie vom ersten Augenblick an. Auch er scheint von ihr angetan, gibt ihr einen Drink aus und bittet sie mit auf sein Zimmer. Lizzie sagt zu, verbringt die Nacht mit ihm und steht fortan fast auf Abruf bereit.

Erster Eindruck:
“Wie ein Gott sah er aus, dieser Mann am Ende der Bar.” Und schon bin ich gedanklich bei Shades of Grey und ahne Schreckliches. 

Fazit:
Vermutlich ist es einfach das Klientel für dieses Buch auszumachen. Wer “Pretty Woman” und “50 Shades of Grey” mochte, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Wer auch nur eines davon albern fand, wird sich vermutlich hinterher überlegen, ob er dem Genre noch eine Chance geben möchte.

Ich gehöre zur letzten Gruppe. Pretty Woman war ohne Zweifel ein schöner Film. Wenn auch dezent kitschig. Natürlich mag ich den Film. Ich bin schließlich eine Frau. Aber dennoch ist es nicht das was ich persönlich als Realismus ansehe. Es war ein modernes Märchen. Fertig. “50 Shades of Grey” hingegen konnte ich zu keiner Zeit Ernst nehmen. Mühsam habe ich mich durch das Hörbuch gequält, um mir eine Meinung erlauben zu können, denn ungesehen meckert man einfach nicht. Mein Fazit: Es passiert nicht viel. Es kratzt höchstens an der obersten Oberfläche von SM und sympathisch war da auch niemand.

Hier hat die Autorin jetzt beide Geschichten zusammen geworfen und an der einen Stelle das Extrem abgeschwächt (Aushilfsjobberin statt Prostituierte) und an der anderen Stelle etwas aufpoliert (Sexszenen geben weitaus mehr her, als in Shades of Grey generell passiert…). Doch die Grundidee bleibt. Relativ armes – weitgehend unerfahrenes – Mädchen trifft schwer reichen Typen, der offensichtlich nicht an einer Beziehung interessiert ist und sie nur für seine sexuellen Wünsche benutzen möchte. So wie in SoG auch, findet das unerfahrene Mädchen überraschend Gefallen an dem was passiert und ist dem Mann von Anfang an total verfallen. Mehrfach gibt es Vergleiche wie “engelsgleich”. Wenn ich mich nicht total täusche kam auch irgendwo ein “gottgleich” drin vor. Sie himmelt ihn jedenfalls unglaublich an.

Was da so im “Schlafzimmer” (oder sonst wo ^^) passiert ist gut dargestellt. Die Sexszenen sind ziemlich eindeutig. Es ist um einiges variabler als es bei SoG der Fall war und vor allem alles immer schön Safe, es gibt Hinweise darauf, dass unerfahrene Menschen nicht einfach mit der Gerte voll ausholen sollten und manche Praktiken auch Vorbereitung benötigen. Wirklich gut. Definitiv anregend. Wenn da nicht immer mal wieder ein paar Formulierungen wären, die vor Kitsch nur so triefen.

Hätte die Autorin sich nur darauf konzentriert, wäre das ganz gut gewesen. Doch irgendwo müssen wir ja jetzt auch noch Pretty Woman unterbringen, nicht wahr? Also verliebt Lizzie sich. Und zwar quasi unmittelbar sofort. Natürlich unpraktisch, wenn der Angebetete absolut beziehungsunfähig ist (Hallo Christian Grey…).

Nebenschauplatz ist die WG von Lizzie. In meinen Augen ein überflüssiger Handlungsstrang und nur eingeführt um am Ende eine dramatische – auch überflüssige – Wendung einbauen zu können.

Mein Fazit? Die Sexszenen siedeln sich irgendwo zwischen “Shades of Grey” und “Dark Room” an. Mit klarer Tendenz in Richtung “Dark Room” natürlich. Die Rahmenhandlung ist nicht ganz so absurd wie dort, aber für mich in dem Zusammenhang einfach zu kitschig.

Meine Konsequenz? Ich werde keine weiteren Erotikromane rezensieren. (Abgesehen von “Gute Nacht”, welches zwar kein Roman ist, aber aus dem Genre und als Rezensionsexemplar hier liegt… und vllt. erzähle ich euch auch irgendwann mal von “Schatten”… ) Früher war mir das unangenehm (auch blöd, oder?) jetzt denke ich, dass jede Rezension ein Verriss werden würde, weil ich mit dem scheinbaren Standard in dem Genre einfach nicht warm werde.