Rezension

Shakespeare mal anders

Der Schelm von Venedig - Christopher Moore

Der Schelm von Venedig
von Christopher Moore

Der Hofnarr Pocket reist im Auftrag der Königin von England, seiner geliebten Cordula, nach Venedig um dort den Ausbruch eines Krieges zu verhindern, den die Mächtigen der Stadt anzetteln wollen. Diese Mission gerät jedoch zunächst in den Hintergrund des Geschehens, da Cordula an einem mysteriösen Fieber starb. Pocket ist in tiefster Trauer, ahnt er doch zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass Cordula Opfer einer Intrige des Senators Brabantio und des Kaufmanns Antoio wurde. Direkt nach seiner Ankunft in Venedig geht Pocket den beiden in die Falle und wird bei lebendigem Leibe in einen Keller eingemauert. Hilfe kommt von unerwarteter Seite in Form einer liebestollen Meerjungfrau (Ist es wirklich eine Meerjungfrau, oder doch etwas anderes, dass Pocket seiner Sinne beraubt und ihm aus der Misere hilft? Findet es heraus!!)

Er kann sich aus dem Kellergefängnis befreien und findet zuflucht bei Shylock, einem jüdischen Geldverleiher und seiner liebreizenden Tochter Jessica. Ihr vertraut er seine Pläne an, sich an Brabantio rächen zu wollen, und gemeinsam machen sie sich auf die Reise. Doch plötzlich taucht der oberste General des venezianischen Militärs, Othello, auf und macht den Beiden einen Strich durch die Rechnung. Denn Othello ist der Schwiegersohn von Brabantio und der Ehemann von dessen Tochter Desdemona. Sollte Brabantio also etwas geschene, würde Othello per Erbrecht Senator in Venedig werden. Das will natürlich verhindert werden, besonders von geschickten Strippenziehern wie Jago. Als das klar wird, ist es doch von großem Vorteil, dass sich Pocket und Othello kennen, denn mit einem auf Rache getrimmten Narren, kann sich das Blatt doch sicher noch einmal wenden…

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Mit Der Schelm von Venedig ist Christopher Moore ein einzigartiger amüsanter Lesespaß gelungen, der perfekt an seine letzten Bücher anknüpft. Othello trifft auf den Kaufmann von Venedig und an Ende hat man einen spritzigen Roman, der dem Leser schon nach wenigen Seiten ein breites Dauergrinsen sowie gute Laune beschert. Langeweile? Nicht wenn Pocket in der Nähe ist und dem Leser mit flapsig, teils urkomisch ordinärer Ausdrucksweise zeigt, wo der Hammer hängt. Unterhaltung und spritziger Wortwitz reichen sich die Hand und legen ein Tempo vor, dem man als Leser immer weiter folgen möchte. Laute Lachanfälle sind vorprogrammiert!

Klassische Shakespeare Figuren und Grundzüge seiner Stücke bilden die Basis für diesen Roman. Doch es geht auch nicht ohne einen Geist… Und ohne eine “Meerjungfrau”, die immer dann auftaucht, wenn Not am Mann ist. Entpuppt sich die Meerjungfrau dann noch als Drache, den der Narr “gepoppt” hat, zeigt sich der Wortwitz in vollster Blüte. Ein rhetorisches Feuerwerk voller deftiger, kühler, sich teils unter der Gürtellinie  befindender und dennoch immer grandios lustiger Wörter und Sätze wird auf jeder einzelnen Seite von Moore abgefeuert und peppt die Shakespeare-Klassiker ganz schön auf!

Natürlich bleibt auch der Tragödienaspekt nicht außen vor. Betrachtet man den Tod  Cordulas, die Intrigen, schier ausweglose Situationen… Aber immer wieder trumpft Moore auf und setzt noch einen Spruch drauf, der die Situation fix wieder zur brillanten Komödie werden lässt – man denke nur an Drool! Ein Wechselbad der Gefühle: Liebe und Schmerz, Vertrauen und Verrat, Freundschaft und Hass.

Verschiedene Erzählperspektiven runden das Ganze ab und zeigen Liebe, Tod und Machtspiele im Roman auf eine ganz einzigartige Art und Weise. Ein wahrer Lesegenuss, der voller Spannung und Humor bis zur letzten Seite zu überzeugen versteht und von mir eine klare Leseempfehlung bekommt.