Rezension

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Shmutzig und befreiend

Shmutz -

Shmutz
von Felicia Berliner

Shmutzig und befreiend

Ein strenges religiöses Leben geht mit vielen Regeln und Traditionen einher. Das die junge Raizl eine Pornosucht entwickelt, gehört definitiv nicht zu dem Bild einer guten Chassidin. Der Grund, warum sie dies verheimlicht. Sie ist gefangen zwischen der Erfüllung des Weltbildes ihrer Familie, ihrer Kultur und der Selbstverwirklichung als intelligente, gebildete Frau, die gerne ihren Körper erforscht. Sie kämpft hart, um alles unter einen Hut zu bringen und die abendliche Flucht im Bett ist ihr Ruhepol. Der Ort, an dem sie Abschalten kann. 

Chassidismus, das ist ein Teil des ultraorthodoxen Judentums. Hier sind Medien, wie Laptops und Handys verboten, es wird zu spirituellen Führern - sogenannten Rebben - gebetet und für die perfekte Zukunft wird der Frau ein Mann gesucht. Das alles habe ich in diesem Buch gelernt. Mit vielen authentischen Wörtern des Judentums und angeregten Diskussionen über dessen Gebräuche, lernte ich schnell, wie schwer es für eine aufstrebende junge Frau sein kann, in dieser Religion Halt zu finden. Denn obwohl Raizls Familie sie in ihrer Bildung unterstützt, ist diese von einem Zukünftigen nicht gerne gesehen. Hier herrscht noch das Bild einer Frau, die gerne alle Haushaltspflichten übernehmen darf und sollte. 

Doch Raizl lehnt sich auf. Sie studiert, sie isst verbotene Lebensmittel, sie hängt mit Freunden ab, deren Welt eine komplett andere ist, sie hat einen Job und zudem eine Therapeutin, damit sie daran erinnert wird, wo ihr Platz ist. Trotz der Unterstützung ihrer Arbeitgeberin, zieht die Macht der Erziehung an Raizl und so findet das Buch ein unbefriedigendes, aber realistisches Ende.

Wer dieses Buch in die Hand nimmt, sollte mit graphischen Pornoszenen klar kommen. Denn so ausführlich Raizls innerer Disput in jeglicher Hinsicht beschrieben wird, die Pornos sind noch detaillierter. Mir gefiel Raizls analytische Art, an der man erkennt, dass sie mit anderen Werten erzogen wurde. Mir gefiel ihre Art zu rebellieren und zu hinterfragen, denn hier zeichnete sich deutlich die Entwicklung eines jungen Erwachsenen ab. Ein junger Mensch mit eigenem Willen... und eigenen Gelüsten.