Rezension

Singen genügt ihm nicht ...

Kunststücke - Rolando Villazón

Kunststücke
von Rolando Villazón

Bewertet mit 2 Sternen

Der Clown Macolieta lebt in einer rigorosen Unordnung mit seinen Büchern, aufziehbaren Blechfiguren, Schminktöpfen, Jonglierbällen, einer Sonnenblume als einziger Pflanze und einer Spinne als Haustier. Er war in die Clownin Sandrine verliebt, doch er traute sich nicht, ihr das zu sagen. Jetzt ist sie weg, und Macolieta sehnt sich nach ihr. Seine Kunststücke zeigt er bei Kindergeburtstagen, zu denen er mit seinen zwei Freunden Max und Claudio in einem kleinen gelben Auto fährt, in dem «Yellow Submarine» von den Beatles läuft. Abends spielt er Schach in einer Bar, und wenn er allein ist, schreibt er in sein blaues Buch – über sein Alter Ego, den Clown Balancín. Der hat alles, was ihm fehlt: Geld, Erfolg, ein Publikum, das ihn feiert, eine Frau, die ihn liebt.
In einem phantasievollen ironischen Gedankenspiel werden die beiden Lebensläufe immer stärker ineinander verwoben, bis Balancín aus dem Buch heraus ins Dasein tritt. (Verlagsseite) 

Sie klingt zauberhaft, die Inhaltsangabe. Fröhliche Clowns, traurige Clowns; drei Freunde, die als Clowntrio bei Kindergeburtstagen auftreten; ein buntes unordentliches Zimmer; ein knallgelbes Auto, in dem immer dasselbe Lied läuft; ein blaues Heft, in das eine Geschichte geschrieben wird. Und am Ende die Hauptperson aus dieser Geschichte, die aus der Fiktion heraustritt und sich mit ihrem Erschaffer und Schöpfer verbindet, so dass aus zwei Geschichten eine, aus zwei Leben ein erfülltes wird.

Selten liest man ein Buch, in dem der Autor seine wunderbare Geschichte so kaputt schreibt. Er begräbt sie unter Sprache und erstickt sie mit Worten. Mit überbordenden Sätzen, manierierter Wortwahl und aufgeblasenen Bildern erzählt er alles im selben Tempo, so dass die Wirkung einem Schauspiel ähnelt, in dem die Darsteller sich ausschließlich mit großen Posen ausdrücken.
„An deiner Nase hat sich ein Schweißtropfen gebildet, der sich zum Absprung bereit macht, gleich einem Fallschirmspringer, der ins Leere stürzt, um am Boden zu zerschellen und in tausend winzige Tröpfchen zu zersprühen.“ (S. 165)
„Das Einzige, worin sich alle Geschichten gleichen, ist die Oberfläche des Geschehens; das Warum haust in einem dunklen, verschlungenen, unzugänglichen Untergrund, der …“ (S. 207)
„Sie zieht dich hinein in das warme Meer ihrer Körperfieberwelt.“ (S. 234) 

Der Roman wird allerorts vom Feuilleton gelobt, von Rezensenten gepriesen und mit Superlativen bedacht. Daniel Barenboim z.B. vergleicht Villazon mit Borges, García Márquez und Vargas Llosa.
Tatsächlich? Im Hinblick auf die sprachliche Fähigkeit, auch Stille und Langsamkeit darzustellen, Personen zu formen und Handlung aufzubauen kann Villazon den großen Lateinamerikanern nicht das Wasser reichen.

"Ein Roman voller Zauber, Humor und Poesie“, heißt es auf dem rückwärtigen Cover. Ich hätte mir den Zauber leiser, den Humor unaufdringlicher und die Poesie verhaltener gewünscht.