Rezension

Skara Brae

Winterfeuer - Aileen P. Roberts, Stephan Lössl

Winterfeuer
von Aileen P. Roberts Stephan Lössl

Bewertet mit 5 Sternen

Skara Brae

Caitir lebt in der Jungsteinzeit (vor ca. 5.000 Jahren) in Skara Brae - an der Westbucht Schottlands - und sie möchte nichts sehnlicher, als in den Kreis der Steinweisen aufgenommen zu werden. Für diese Aufnahme fehlt ihr jedoch noch eines: Eine Vision, die Ihr die Götter geschickt haben. Sollte Caitir nicht bis zum Fruchtbarkeitsfest, welches in 3 Tagen stattfindet, eine Vision haben, so wird ihr Vater sie mit Brork, dem Anführer des Adlerclans, verheiraten. Den Ahnen sei Dank bekommt Caitir ihre Vision und bei der rituellen Aufnahmezeremonie passiert es: Die Ahnensteine beginnen zu vibrieren, das Mondlicht bildet eine Kuppel über dem Kreis der Ahnen und Caitir fühlt sich, als ob die Erde sie verschlingen möchte. Als sie die Augen wieder öffnet, befindet sie sich immer noch im Ring of Brodgar – jedoch in unserer Zeit.

Andrew arbeitet als Reiseleiter in Schottland. Seine aktuelle Reisegruppe besteht aus Teilnehmern, die sich kein Stück für die Schönheit und Kultur des Landes interessieren sondern sie vertreiben sich die Zeit mit ihren Smartphones oder bleiben bei schlechtem Wetter lieber gleich ganz im Hotel. Die unfreiwillig gewonnene freie Zeit nutzt Andrew dazu, sich die Ausgrabungen am Ness of Brodgar anzusehen. Dort lernt er die Archäologin Dianne kennen, die sich über sein Interesse freut und ihm ein wenig über ihre Arbeit und die Fundstücke erzählt. Zu diesem Zeitpunkt kann noch niemand ahnen, dass Andrew in Kürze Bekanntschaft mit der Zeit machen wird, aus der die Fundstücke am Ness of Brodgar stammen.

Als Andrew nachts von irgend etwas geweckt wird, schaut er zum Fenster hinaus und sieht in der Ferne ein Leuchten – genau dort, wo sich die Ausgrabungsstätte und der Ring of Brodgar befinden. Auch wenn er denkt, dass er sich das nur eingebildet hat, macht er sich mitten in der Nacht auf den Weg zum Kreis der Ahnen …..... und trifft dort auf Caitir.

Das Buch „Winterfeuer“ ist ein ganz besonderes Buch. Es wurde von der am 05.12.2015 verstorbenen Autorin Aileen P. Roberts begonnen und von ihrem Mann, Stephan Lössl, nach ihrem Tod fertiggestellt. Da ich Aileen bzw. Claudia Lössl persönlich kannte, hat mich dieses Buch ganz besonders berührt und ich danke sowohl dem Papierverzehrer-Verlag, als auch Stephan Lössl, dass ich an der Leserunde bei Lovelybooks teilnehmen durfte.

Im Gegensatz zu vielen anderen Zeitreise-Geschichten findet das Geschehen hier auf beiden Seiten statt. Sowohl Caitir als auch Andrew wechseln zwischen den Zeiten, was die Geschichte besonders spannend macht. Sie können das nicht willkürlich, es müssen bestimmte Konstellationen zusammentreffen, aber sie können merkwürdigerweise nur gemeinsam zwischen den Zeitebenen wechseln. Auf beiden Zeitebenen ist es für denjenigen gefährlich, der nicht aus dieser Zeit stammt, aber in Caitirs Zeit haben die 2 mehr Probleme als hier und heute.

Wie schon erwähnt, wurde das Buch von Claudia/Aileen und ihrem Mann geschrieben. Es war jedoch für mich zu keinem Zeitpunkt sichtbar/fühlbar, wann die „Handschrift“ von Claudia aufhörte und die von Stephan begann. Der Übergang war fließend.

Niemand weiß, wie sich das Leben vor 5.000 Jahren angefühlt hat, aber die Autoren haben es geschafft ein Bild zu zeichnen, das für mich glaubhaft ist. Genau so könnte sich das damals abgespielt haben. Die Menschen früher waren mehr mit der Natur und den Göttern verbunden, das wurde hier sehr schön dargestellt. Ich kann mir den Kulturschock regelrecht vorstellen, den Caitir erlebt haben muss, als sie mit unserer Art zu Leben und der von uns benutzen Technik konfrontiert wurde. Ebenso erging es wohl Andrew, der in der Zeit 5.000 Jahre zurück gereist ist – nur wurde er auf die primitivste Lebensebene zurückgeworfen, so ganz ohne Technik und ohne den ganzen Komfort, von dem wir heute so verwöhnt sind (das fängt schon bei der Toilette an).

Wie von Aileen P. Roberts gewohnt, sind die Charaktere sehr schön und bildhaft ausgearbeitet. Neben den sympathischen Figuren wie Caitir, Andrew, Maeve und Dianne (und noch ein paar anderen Nebencharakteren) gibt es natürlich auch den Unsympathen, den man nicht aus den Augen verlieren sollte, und den, in dem man sich von Anfang an getäuscht hat.

Da ich selbst in der Jetzt-Zeit lebe, finde ich die Erzählstränge aus der Vergangenheit immer interessanter, weil das Gehirn da viel mehr Freiheiten hat sich Dinge vorzustellen. Grundsätzlich finde ich aber auch die Erzählungen über die Schauplätze in Schottland interessant, da sie nicht fiktiv sind sondern den wahren Gegebenheiten entsprechen. Auch das ist der Verdienst von Aileen/Claudia, dass ich gerne einmal nach Schottland reisen möchte, um all die schönen Plätze zu besuchen, von denen sie in ihren Büchern geschrieben hat.

Der Schreibstil der Autorin ist wie gewohnt flüssig und gut zu lesen und wäre die Leserunde nicht in die Vorweihnachszeit gefallen, hätte ich das Buch auch ganz sicher schneller beendet.

Alles in allem ist das ein Buch im typischem Aileen-P.-Roberts-Stil, den es so leider nun nicht mehr geben wird. Umso mehr werde ich ihre Bücher in Ehren halten.