Rezension

Solide Zombie-Apokalypse

BRUTAL PLANET - Sean P. Murphy

BRUTAL PLANET
von Sean P. Murphy

Bewertet mit 4 Sternen

Krankheitswellen. Die Menschheit ist regelmäßig Epidemien ausgesetzt und Virologen weltweit arbeiten daran, das Schlimmste zu verhindern. Auf Grippewellen ist man vorbereitet, gegen Bakterien kann man vorbeugen, bei vielen Viren hilft Abgrenzung und Quarantäne. Doch was passiert, wenn der Mensch selbst zur blutgierigen Bestie wird? 

"Brutal Planet" ist ein tadelloser Zombie-Roman und beinhaltet alles, was das Leserherz in diesem Genre begehrt: Blutige Gemetzel, Gruppendynamik, einsame Wölfe, verstopfte Straßen, absolutes Chaos und Abgeschiedenheit. 

Den Ausbruch der Zombie-Pandemie erfahren wir aus der Perspektive von Protagonist John. Als es beginnt, ist er auf Forschungsreise und er merkt nur am Rande, dass etwas nicht stimmt. Die Menschen verhalten sich reserviert, sie sind in sich gekehrt und allgemein ist die Stimmung gedrückt. Erst als John sich in seiner Wohnung verschanzt, macht er, was mittlerweile viele von uns aus eigener Erfahrung kennen: Absolute Mediensucht auf höchstem Niveau. Er verfolgt die Nachrichten, zappt von einer Sendung zur nächsten, studiert Zeitungsartikel und Meldungen aus entfernten Winkeln der Welt. Dabei fragt er sich, ob das jetzt tatsächlich geschieht. 

Ja, das kommt uns bekannt vor, und genau deshalb fand ich den Einstieg in die Zombie-Pandemie authentisch umgesetzt. Johns Verhalten spiegelt sich in der Realität. Viele von uns haben zu Beginn der Corona-Krise ähnlich reagiert: Wir konnten es nicht fassen, starrten ungläubig auf Bildschirme im Wohnzimmer und haben uns über diverse Kanäle mit Informationen versorgt. 

Gleichzeitig schafft Autor Sean P. Murphy eine fesselnde Dynamik, weil er zwischen Gegenwart und Vergangenheit wechselt. Das Hier und Heute beschreibt wenige Wochen nach Ausbruch der Zombie-Seuche. John zählt zu den spärlichen Überlebenden und hat sich relativ fähig durchgeschlagen. Der Vergangenheitsstrang bezieht sich auf den Auftakt der Epidemie, wie ihn John erlebt, und schlägt die Brücke bis zum aktuellen Geschehen. 

Hierbei berücksichtigt der Autor sämtliche Facetten, die das Genre braucht, um als guter Zombie-Thriller zu gelten. John schlägt sich durch, die Straßen füllen sich mit Untoten und er schließt sich einer Gruppe an. Allerdings sind - meinem Empfinden nach - die Mitglieder des zusammengewürfelten Haufens eher blass geblieben. Ich denke, es liegt daran, dass man sich an viele Personen gar nicht zu sehr gewöhnen soll, weil sie ein rasches Ende ereilt. 

Protagonist John hat mir herausragend gut gefallen. Besonders zu Beginn war er ein normaler Typ, belesen, auf sich gestellt, und er hatte der Katastrophe nicht viel entgegenzusetzen. Leider hält diese Charakteristik nicht über die ganze Handlung an. Er nimmt im Lauf der Zeit heroische Züge an, was mir persönlich weniger gefällt. Dennoch ist es im Rahmen und für die Entwicklung des Geschehens durchaus nachvollziehbar gestaltet.

Die Spannung hält jedenfalls an. Der Schwung ist durch Perspektivenwechsel, Gruppendynamik, offene Fragen und der Suche nach einem Ausweg gegeben. Blutige Szenen wechseln sich mit gemächlichen Momenten, Rettungsaktionen oder dramatischen Einsichten ab, wodurch der Autor den Leser von Anfang bis Ende bei der Stange hält.

Den letzten Abschnitt empfand ich als unrund. John macht eine erstaunliche Achterbahnfahrt in der Entwicklung durch. Er lässt kaum ein Stadium aus, und nimmt am Ende noch einmal seinen ganzen Mut zusammen. Und der Abschluss der Geschichte ist auf jeden Fall unvorhergesehen, auch wenn er mit dem starken Anfang des Romans nicht mithält.

Im Endeffekt bin ich mir sicher, wer Zombie-Thriller mag, wird mit „Brutal Planet“ blutig-grausame Lesestunden verbringen, weil es insgesamt eine solide Version der Apokalypse ist.