Rezension

Spannend und erschütternd

Januskinder - Marcus Richmann

Januskinder
von Marcus Richmann

Bewertet mit 5 Sternen

„...Man musste die Steine im Fluss umdrehen, wenn man sehen wollte, was darunter lag...“

 

Ein Obdachloser findet auf einer Baustelle ein Baby. Er geht mit dem Kind in die nächste Apotheke. Anstatt zu helfen, ruft der Apotheker nur die Polizei. Als sie erscheint, ist das Kind verdurstet. Das Kind heißt Jacqueline und wurde seit einiger Zeit gesucht. Der Fall landet bei dem Chefermittler Maxim Charkow.

Gabriela, Psychologin und ehemalige Freundin von Charkow, behandelt in ihrer Praxis eine junge Frau. Diese weigert sich, über ihre Kindheit zu sprechen. Gabriela erfährt, dass ihr Opa ein bekannter Politiker ist.

Auch der zweite Krimi des Autors mit Maxim Charkow lässt an Spannung nichts zu wünschen übrig. Das Buch lässt sich flüssig lesen und hat mich schnell gefesselt. Lange laufen beide Handlungsstränge nebeneinander.

Der Autor versteht es, seinen Protagonisten ein Gesicht zu geben. Sie werden ausführlich charakterisiert. Das beginnt schon im Prolog. Joseph Schuler, der Obdachlose, ist ein Mensch mit Geschichte. Und diese Geschichte, die ihn in die unteren Schichten der Gesellschaft führte, wird vom Autor mitgeliefert.

Die Ermittlungen sind schwierig. Wie in jedem guten Krimi gibt es etliche Verdächtige, doch nach und nach zerschlagen sich die Spuren. Als Leser weiß ich immer genau so viel wie die Ermittler. Dadurch wird ein Mitdenken und Miträtseln ermöglicht. Die Geschichte führt nicht nur in den Bereich der Prostitution, sondern auch in eine dunkle Seite der Schweizer Politik und Gesetzgebung. Gabriela wird bei ihren Recherchen mit früheren Zwangseinweisungen in die Psychiatrie und Zwangssterilisationen konfrontiert. Sie sticht in ein Wespennest.

Gut gefällt mir, dass auch das Privatleben der Protagonisten im Roman ausreichend Raum erhält. Während Charkow im Beruf absolut Profi ist und dabei sein Team gekonnt führt, fallen ihm privat Entscheidungen nicht leicht.

Der Schriftstil ist gut lesbar. Die Darstellung von Emotionen gelingt dem Autor ausgezeichnet. Treffende Metapher und fast philosophische Gedanken, wie das obige Zitat zeigt, geben dem Buch eine zusätzliche Tiefe. Auch für den widersprüchlichen und komplexen Charakter von Charkow findet er die rechten Worte. Gut ausgefeilte Dialoge im Kommissariat bringen durch neue Ideen das Geschehen voran.

Das Cover mit dem zarten Pflänzchen im harten Asphalt ist für mich ein Bild der Hoffnung.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Dazu haben die fesselnde und abwechslungsreiche Handlung, der angenehme Schreibstil und nicht zuletzt die Bezüge zur Schweizer Geschichte beigetragen.