Rezension

Spannend und großartig recherchiert

Schattenleben - Christine Sylvester

Schattenleben
von Christine Sylvester

Kurzinhalt

Die junge Künstlerin Emma Liebmann ist zutiefst geschockt, als plötzlich ihre Großtante Meta stirbt, bei der sie einen großen Teil ihrer Kindheit gelebt hat. Im Haus ihrer Tante findet sie ihre alten Tagebücher. Tagebücher die die Zeiten im Kriegsdeutschland, als Meta Kind war, beschreibt und einige Informationen an den Tag bringen, bei denen Emma zweifelt, ob sie Meta je wirklich kannte. Ein SS-Soldat, den sie in den 40ern erschlug, um einem anderen Kind das Leben zu retten. Aber noch viele weitere unglaubliche Dinge und alleine das Lesen der Lektüre bringt Emma in große Gefahr. Den der Tod ihrer Tante war keineswegs ein natürlicher und auch Mitwisser sind nicht erwünscht…

Meinung

Schattenleben war mein erstes Buch von Christine Sylvester und ich kann nur sagen – ich will mehr. Zudem war es mein erster Kriminalroman und ich frage mich, warum ich nicht schon viel früher mal einen gelesen habe. Das Buch war mir alleine schon wegen dem Cover sympathisch und auch, weil es in und um Dresden spielt, meiner Geburtsstadt. Das Buch ist wirklich ein toller, und großartig recherchierter Kriminalroman. 

„Doch ich habe immer ein Schattenleben geführt, ein Durchschnittsgesicht mit einem Durchschnittsleben als Legende.“ (S. 291)

Schreibstil

Der Schreibstil von Christine hat mir vom ersten Satz an gefallen. das Buch hat sich wirklich toll lesen lassen. Sie hat es geschafft, das ganze Buch über Spannung zu erzeugen und meine Neugier ins Unendliche wachsen zu lassen. Immer wieder tauchen neue, andere, dezent platzierte Hinweise auf, die einem zum Grübeln bringen. Bis zum Schluss hatte ich Spekulationen und konnte aber einfach nicht sicher sein, wer de Mörder ist, wie das nur alles zusammen hängt und bei Gerlinde lag man dann ja doch vollkommen falsch. Wirklich super und das Ende schafft es, jeden einzelnen Faden perfekt zusammen zu führen und hat mich dann wirklich überraschen können.

„Da war es wieder, dieses Gefühl aus dem Wald. Das Gefühl, verfolgt und beobachtet zu werden.“ (S. 193)

Charaktere

Emma, eine junge, aufstrebend Künstlerin, war mir von Anfang an sympathisch. Auch wenn ich ihr zwischenzeitlich gerne mal einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf schütten wollte, weil sie doch sehr naiv und gutgläubig in manchen Situationen war. Trotz das klar war, irgendwas stimmt nicht, wird sie nicht mal ein bisschen vorsichtiger. Andererseits macht sie es auch liebenswert, dass sie offenherzig zu andern ist. Auch Lazlo mochte ich sehr. Er ist immer für Emma da und steht ihr bei, als ihre Tante stirbt und erkundet gemeinsam mit ihr die Tagebücher.

Bei Monty, ihrem etwas durchgeknallten Galeristen, dachte ich erst, o Gott, was für ein Idiot. Aber im Laufes des Buches ist er mir auf seine Art dann doch sympathisch geworden. Ihren Vater Theo, der aufgrund des Testamentes und der Beerdigung mit seiner Lebensgefährtin Vicky zu Besuch ist, mochte ich auch. Er steht ganz schön unter dem Pantoffel von Vicky, ab und an lässt er es aber mal raus. Vicky, zickig, überheblich, eingebildet, aufbrausend. Nein, die konnte ich gar nicht leiden, schrecklich, und war damit mit Emma und Lazlo definitiv einer Meinung. Gerlinde mochte ich erst, dann wieder nicht, dann irgendwie doch..sie ist eine wirklich gelungener Charakter, der viel Grund zum Nachdenken, zu Spekulationen und zum Grübeln brachte.

Geschichte

Die Geschichte beinhaltet eigentlich fast drei Ebenen. Der Prolog der zum Schluss wieder mit dem Epilog zusammenpasst und einen runden Bogen um die gesamte Geschichte schlägt. Und dann die Tagebücher von Tante Meta, die uns in Kriegszeiten, ins Nazideutschland, zum Aufbau des Sozialismus, in die DDR, BRB, zu Stasi, RFA und Co. entführen. Und Emmas Geschichte im Jetzt, als ihre Tante stirbt und sie aufgrund der Tagebücher feststellt, dass ihre Tante wohl ein Mensch war, den sie gar nicht richtig kannte. Die eine Vergangenheit führte, die ihr nun zum Verhängnis wurde und auch Emma in Gefahr bringt. Die Geschichte von Emma im Jetzt ist zu Beginn eher unspektakulär, nimmt gegen Ende aber Fahrt auf. Und dann die Momente, in denen Emma, meist gemeinsam mit Lazlo, die Tagebücher liest. Gemeinsam mit ihr tauchen wir in die Vergangenheit ein und werden immer wieder überrascht und erschüttert. Die Tagebücher waren so authentisch, gefühlsnah, detailliert und anschaulich geschrieben. Vor allem in Kriegszeiten, als Meta noch Kind war, war ich einfach so wütend und entsetz und traurig, wegen all der Grausamkeiten, die damals passierten.

„Und dann kamen die Bomben. […] Ein einziges Dröhnen, dann wieder ein Knall nach dem anderen, ohrenbetäubend, Heulen, Krachen – ein unglaublicher Lärm.“ (S. 75)

Auch die Phasen in den 70er und 80er waren gut. Sie waren etwas verwirrend, manchmal schwer zu Lesen, da Meta auch „verschlüsselte“ Sprache benutzte zum Teil, also etwas wirre Sätze und Fakten nieder schrieb. Die Untergrundgegebenheiten und Geschehnisse und Erlebnisse zu RFA und Stasi Zeiten waren so gut durchdacht und recherchiert, Hut ab. Ich fühlte mich, als hätte ich echte Tagebücher in der Hand.

Fazit

Der Schreibstil, war einfach, ohne großen Schnickschnack  und super zu Lesen. Christine schafft es, die Spannung bis zum Schluss aufrecht zu erhalten und für einige Überraschungen zu sorgen. Besonders die Tagebücher haben mich beeindruckt und mich vor allem zu Beginn in ein reinstes Gefühlschaos gestürzt. Die Geschichte im Jetzt, mit Emma, war am Anfang etwas unspektakulär, nahm, dann aber Fahrt auf. Die Tagebücher waren gegen Ende manchmal sehr verwirrend. Insgesamt war ich aber wirklich beeindruckt, von der Geschichte, dem Stil und der Recherche, die hier dahinter stecken muss. Ich kann das Buch jedem empfehlen.