Rezension

... spannend und mitreißend jedoch mit einigen Unstimmigkeiten

Das Mädchen mit den Engelshänden - Anne Lück

Das Mädchen mit den Engelshänden
von Anne Lück

Bewertet mit 4 Sternen

Engelshände – ein Fluch oder doch eine Gabe?

Johanna ist ein sechzehnjähriges Mädchen, dass schon einiges in ihrem Leben mitmachen musste. Nach dem Tod ihrer Eltern vor 10 Jahren lebt sie bei ihrer bösartigen Tante. Sie meidet jegliche sozialen Kontakte, doch den Grund dafür, den kennt nur sie selbst. Denn niemand darf erfahren, dass sie den Tod ihrer Mitmenschen durch eine Berührung sehen kann. Alles begann mit dem Vorhersehen des Todes ihrer Eltern. Diese Last macht sie einsam und missmutig. Deshalb wird sie auch von ihrem Therapeuten Sebastian gegen ihre „Sozialphobie“ behandelt. Durch ihn lernt sie Carla kennen. Carla wurde des Öfteren Gewalt angetan und vertraut seitdem niemanden mehr. Der Therapeut der beiden hofft nun, Carla und Johanna würden sich gegenseitig aus der Isolation helfen. Die beiden freunden sich tatsächlich an, bis eine verhängnisvolle Berührung Johanna erneut in die Verzweiflung stürzt und sie sich selbst das Leben nimmt. Doch sie stirbt nicht endgültig, sie bekommt die Möglichkeit als Todesengel ihr Dasein weiter zu führen, doch ist das die richtige Entscheidung? Sie wird in einen Machtkampf zwischen den Himmelsengeln und Todesengeln verwickelt und merkt schnell, auch als Engel kann es immer noch um Leben und Tod gehen. Wird es dennoch eine Rettung für sie geben?

 

Meinung:

„Das Mädchen mit den Engelshänden“ ist mein erstes Buch von Anne Lück und bestimmt nicht das Letzte. Anne Lück hat mit ihrem Roman eine wirklich schöne Engelsgeschichte mit tieferem Sinn hervorgebracht. Das Eintauchen in die Handlung war zu Beginn etwas schwierig, da die Autorin hier verschiedene Zeitsprünge gewählt hat, um dem Leser die Hintergründe in Johannas Leben vor und nach ihrem Tod näher zu bringen. Doch das gab sich sehr schnell. Die Idee mit den Himmelsengeln und Todesengeln, die um die Seelen der Verstorbenen kämpfen, um sie entweder in den Himmel oder die Hölle zu schicken, hat mir sehr gut gefallen. Besonders die Möglichkeit der Todesengel die verstorbenen Menschen, die eigentlich für die Hölle bestimmt waren, zu begnadigen fand ich toll. Mir gefällt der Gedanke dabei, dass es im Rückblick nicht auf eine einzige gute oder schlechte Tat ankommt, sondern man immer das Ganze im Auge behalten sollte. Leider brachten mich so kleine Unstimmigkeiten wie z. B. sich öffnende automatische Türen in einem Zug für unsichtbare Engel, manchmal zum Grübeln und Stocken, das hat meine Begeisterung aber nur wenig gemindert. Da sich die Verstorbenen nicht immer gleich ihrem Schicksal ergaben und es auch nie sicher war, welche Engel die Seele nun für ihr „Lager“ gewinnen können, blieb die Spannung immer erhalten und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

Das Ende war doch schneller da als gewünscht und für mich so gar nicht vorhersehbar. Ich hätte mir hier ein paar Seiten mehr gewünscht. Für mich hätte die Story ruhig etwas mehr ausgeschmückt werden können.

Der Schreibstil war angenehm und flüssig zu lesen und für ein Jugendbuch genau richtig.

 

Charaktere:

 

„Sie wollte keinen engen Kontakt zu irgendeinem anderen Menschen. Sie wollte niemanden mehr berühren müssen. Sie wollte nie wieder den Tod eines Menschen mit ansehen.“

Seite 23

Den Hauptcharakter Johanna lernte ich als ein einsames, störrisches und verbittertes 16-jähriges Mädchen kennen, das sich von allen Personen um sich herum, zum Selbstschutz, abwendete. Es war schön mit anzusehen, wie sie sich ihrer neuen Freundin Carla öffnet und wieder etwas Vertrauen und Lebensmut findet, und doch kamen die Verbissenheit und der Pessimismus immer wieder mal durch. Erst als sie in der Zwischenwelt auf die Todesengel Than und Lilith trifft, kann sie ihr Schicksal annehmen und erfährt auch die Wahrheit über ihre „Gabe“. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie sich irgendwo zugehörig und nicht wie ein „Monster“. Dieses neue Gefühl wird allerdings durch die Machenschaften des Engels Michael schnell getrübt.

Obwohl die Geschichte fast ausschließlich aus der Erzählerperspektive aus der Sicht Johannas erzählt wurde, konnte ich irgendwie keine richtige Verbindung zu Johanna aufbauen. Der Charakter blieb für mich leider immer etwas oberflächlich und unnahbar.

 

Carla ist ein ganz toller Charakter mit viel Wärme und Mitgefühl. Ich konnte gar nicht anders, als sie einfach in mein Herz zu schließen. Sie ist Johanna eine ganz wunderbare Freundin. Sie hütet Johannas Geheimnis, und versucht Johanna immer die positiven Aspekte an allem zu zeigen. Obwohl sie selbst so viel Schlimmes erlebt hat, sucht sie in allem das Gute. Sie öffnet sich Johanna vollkommen und gibt ihr alles an Vertrauen und Liebe, die es nur in einer wahren Freundschaft geben kann. Selbst als sie ihr eigenes Schicksal einholt, hält sie an dieser Freundschaft fest und gibt Johanna nicht auf.

 

Than ist ein Todesengel der Johanna in ihre neue Arbeit einweist und sie in allem unterstützt.

Er ist ein Beschützer-Typ, der das Wohl anderer immer über seines stellt und sehr schnell Johannas Herz für sich gewinnt. Er wirkte auf mich etwas wie ein Draufgänger, was andererseits bei den Machenschaften des Engels Michael, der selten mit fairen Mitteln kämpfte, nötig ist.

Fazit:

Ein wunderbares Jungendbuch über Freundschaft, erste Liebe und Verzweiflung, das zum Nachdenken anregt und für jeden, die eine oder andere Lektion bereitlegt. Die Autorin konnte mich mit ihrer Geschichte um das Schicksal von Johanna mitreißen und begeistern, deshalb kann ich es nur empfehlen.