Rezension

Spannend, vielschichtig, fesselnd

Das Grab in Tennessee - Bodo Steinberg

Das Grab in Tennessee
von Bodo Steinberg

Bewertet mit 5 Sternen

Ralph Ahrendt ist der Sohn eines amerikanischen Vaters und einer deutschen Mutter. Er war fünf Jahre alt, als sein Vater, der Angehöriger der US – Armee war, nach Amerika zurückkehrte. Seine Mutter heiratete erneut. Der Stiefvater behandelte Ralph wie einen eigenen Sohn. Deshalb störte es ihn auch kaum, dass seine Mutter sich mit Informationen über den Vater zurückhielt. Doch 2006, Ralph war mittlerweile 56 Jahre alt, war eine Geburtstagsfeier Anlass für ihn, mehr über seine Verwandtschaft in Tennessee erfahren zu wollen.

Ein Jahr später fuhr er mit Thomas - Nachbarsjunge, Gymnasiast und Dolmetscher für die Reise –

nach Somerville, dem Heimatort des Vaters. Dort fand er nicht nur das Grab des Vaters, sondern es gab einige unerwartete Überraschungen. Es war, als hätte er in ein Wespennest gestochen.

Das Buch lässt sich schwer einem Genre zuordnen. Es verbindet Elemente eines Kriminalromans mit einer Familiengeschichte und ließ mich zeitweise historisch in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg eintauchen.         

Die Geschichte wird von Ralph, und damit aus seiner Sicht, erzählt. Das gibt dem Buch eine besondere Authentizität.

Die Protagonisten wurden sehr gut charakterisiert. Ich möchte mich hier auf Ralph beschränken. Sein Interesse, endlich seine Wurzeln zu finden, konnte ich als Leser gut nachvollziehen. Dabei ist er ausdauernd und gründlich. Als Journalist ist er es gewöhnt, genau zu recherchieren, mehrfach nachzufragen und sich nicht mit einfachen Antworten zufrieden zu geben.

Das Buch besitzt einen hohen Spannungsbogen. Der ergibt sich daraus, dass anfangs viele Fragen unbeantwortet bleiben und Ralph nicht von allen mit offenen Armen aufgenommen wird. Die Zusammenarbeit von Ralph und Thomas während eines Teils der Handlung gab dem Autor die Gelegenheit,  das Geschehen aus der Sicht zweier unterschiedlicher Generationen betrachten zu lassen. Jugendliche Unbekümmertheit trifft auf lange Berufserfahrung.

Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell gefesselt. Dazu beigetragen haben die exakten Beschreibungen von Personen und Orten und der lebendige Schreibstil. Nicht nur die Ruine in Tennessee, auch das Chaos im Hause des alten Nachbarn stand mir anschaulich vor Augen. Der Autor beherrscht den Umgang mit Metaphern und legt Wert darauf, auch Kleinigkeiten verständlich darzulegen. Gut fand ich, dass die Gespräche in Tennessee in der entsprechenden Sprache der Protagonisten geführt wurden. Wer kein Deutsch konnte, dem wurde das auch nicht in den Mund gelegt. Sonderfälle hat Ralph selbst begründet.

Die komplizierten und vielschichtigen Familienbeziehungen sorgten für Abwechslung. Die Unterschiede zwischen dem Leben in Deutschland und Amerika wurden deutlich herausgearbeitet. Der Roman ist atmosphärisch dicht geschrieben. Obwohl mehrere Kriminalfälle die Handlung durchziehen, verliert die Geschichte nie die Verbindung zum familiären Hintergrund.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Trotz dem vielfältige Handlungsgeflechts war der Roman logisch aufgebaut und das Verhalten der Protagonisten jeder Zeit nachvollziehbar. Am Ende war keine Frage mehr offen.