Rezension

Spannende Dystropie

Die Fischerkinder - Melissa C. Feurer

Die Fischerkinder
von Melissa C. Feurer

Bewertet mit 4.5 Sternen

„...Manchem dieser Bücher sieht man gar nicht an, was in ihnen steckt, ehe man sie nicht geöffnet hat...“

 

Mira lebt im Jahre 2133 in einem Land Nordeuropas in einer sogenannten anständigen und rechtschaffenden Familie. Ihr Vater ist Staatsbeamter. Mira hat nur ein Laster. Sie liebt Bücher. Das sieht der Staat nicht gern.

Bei Edmund Porter kann sie sich diese Bücher ausleihen. Eines Tages lässt er im Laden ein kleines Büchlein liegen und geht in den Nebenraum. Mira steckt das Buch ein. Sie kann es in der Nacht nicht aus der Hand legen. Leider fehlen im ersten Kapitel die letzten Seiten. Das Buch endet mit einer Hinrichtung. Mira will mehr wissen. Sie interessiert, wer dieser Jesu war. Deshalb bringt sie in den Laden nicht nur das Buch mit, sondern auch einen Sack voll Fragen. Sie ahnt nicht, welche Wendung ihr Leben ab diesem Moment nehmen wird.

Die Autorin hat eine beeindruckende Dystopie mit christlichem Hintergrund geschrieben. Das Buch hat einen hohen Spannungsbogen und lässt sich zügig lesen.

Mira lebt in einer Diktatur und Monarchie. Der Staat ist stolz darauf, auf jegliche Importe verzichten zu können. Das aber hat gravierende Folgen für die Lebensverhältnisse. In den Innenstädten leben die Staatsbeamten, außerhalb der Stadtmauer befinden sich Armenviertel, Dort fehlt den Menschen das Nötigste zum Leben. An der Stelle hat das Buch allerdings eine gewisse Schwäche. Ein so konstruiertes Staatsgebilde ist nicht lange lebensfähig. Doch das tut weder dem Handlungsablauf, noch der Spannung einen Abbruch.

Die christliche Gruppe, die sich heimlich in einem Berg trifft und in der Mehrzahl aus Kindern besteht, wird von Edmund geleitet. Sie gehört zu den verbotenen Kleingruppen. Sie nennen sich „die Fischerkinder“.

Der Schriftstil des Buches ist dem Genre angemessen. Gut wird herausgearbeitet, wie Mira sich mehr und mehr über die Widersprüche in ihrem Heimatland klar wird. Bei den Fischerkindern fühlt sie sich wohl. Ihre innere Zerrissenheit, ihr Kampf zwischen Pflicht und Gefühl wird sehr schön wiedergegeben. Auch die Emotionen ihrer Freundin Vera werden logisch nachvollziehbar dargestellt. Veras Familie steht schon unter Beobachtung. Rückblicke in die Vergangenheit erklären, warum. Die Lehrer lassen es Vera täglich auf wenig subtile Art spüren. Trotzdem lässt sich Vera von Mira überreden, ihr zu den Fischerkindern zu folgen. Doch die Angst wächst. Ihr Verhalten kann als Hochverrat geahndet werden.

Edmund Porter, von dem obiges Zitat stammt, versteht es, seinen Zuhörern den christlichen Glauben behutsam zu vermitteln. Er nutzt dabei insbesondere die Gleichnisse. Immer wieder ist er gezwungen, die Aussagen der Bibel mit der harten Realität zu vergleichen. Gut gefallen hat mir, dass in diesem abgeschotteten Bereich der Fischerkinder auch Menschen Zugang finden, die nicht oder noch nicht glauben können.

Freundschaft und Verrat, Staatsräson und Gewalt, erste zarte Liebe und Vertrauen sind neben dem Glauben weitere Themen, die sich wie ein roter Faden durch die Handlung ziehen. Nicht nur Mira muss sich entscheiden und ihren eigenen Weg finden. Das bedeutet auch Trennung und Verlust.

Das in Braun gehaltene Cover mit der in Ketten gelegten Bibel passt prima zum Inhalt des Buches.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, dass auch in der Dunkelheit das Licht des Glaubens brennt, wenn es Menschen gibt, die sich dafür engagieren.