Rezension

Spannende Einblicke in die Welt der Ultras, einer facettenreichen Subkultur, die nicht nur in Fußballstadien anzutreffen ist

Unter Ultras -

Unter Ultras
von James Montague

Bewertet mit 4.5 Sternen

In diesem Buch nimmt uns der britische Journalist und Autor James Montague mit auf eine weltweite Reise in die facettenreiche Welt der Ultras und bietet dabei tiefe Einblicke in das Innenleben der unterschiedlichen Gruppierungen dieser Jugendkultur, über die man insgesamt doch recht wenig weiß. 

In Deutschland sind in den 90er Jahren die ersten Ultra-Gruppierungen entstanden, seitdem ist die Zahl der Mitglieder und Gruppen sprunghaft angestiegen. Inzwischen verfügt in Deutschland fast jeder Verein von der 1. bis zur 4. oder sogar 5. Liga über eine oder mehrere Ultra-Gruppierungen, die den Verein nach dem 24/7-Prinzip (24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche) unterstützen. Da es sich bei den Ultras um geschlossene Gruppen handelt, die sich streng nach außen abschotten und nicht nur gegenüber den Ordnungskräften, sondern auch gegenüber Journalisten äußerst vorsichtig bis ablehnend eingestellt sind, weiß man eigentlich relativ wenig über sie. Auffällig sind nur die über die gesamten 90 Minuten durchgehenden Fangesänge, die aufwendig inszenierten Choreographien und der Einsatz von Pyrotechnik, der ihnen in den letzten Jahren reichlich Ärger und Gegenwind eingebracht hat.

James Montague ist es nun gelungen, Zugang zu den Ultras zu finden und hinter die Kulissen zu schauen. Herausgekommen ist dabei eine hochspannende und mitreißende Reportage, die zeigt, wie unterschiedlich die Ultras agieren. Während die Ultras in Südamerika die Geschäfte rund um die Stadien kontrollieren und sich und ihre Aktionen durch den Verkauf von Tickets und Fanartikeln finanzieren, sind sie vor allem in Süd- und Osteuropa doch sehr nationalistisch eingestellt und haben z. B. auch im Jugoslawienkrieg eine erhebliche Rolle gespielt. In anderen europäischen Ländern wie Italien, Deutschland und Schweden steht der Fußball noch stärker im Vordergrund, politische Aktionen, die über den Sport hinausgehen, sind eigentlich eher selten. Montague richtet den Blick aber auch auf scheinbare Exoten wie Indonesien und die USA, die eigentlich über keine ausgeprägte Fußballkultur verfügen.

Mit einem packenden Schreibstil beschreibt der Autor seine Besuche bei den Ultras, bei denen er stets auch hohe persönliche Risiken eingeht und des Öfteren in ziemlich brenzlige Situationen gerät. Darüber hinaus reichert er seine Reportagen noch mit zahlreichen und gut recherchierten Zusatzinformationen an, die seine eigenen Erfahrungen in einen größeren Kontext stellen und zudem gut in das Gesamtgeschehen einordnen.  

Ein spannendes Buch, das nicht nur für Fußballfans von Interesse ist, denn die Ultras wirken weit über den Fußball hinaus und es ist zu erwarten, das sich dies auch in Deutschland in den nächsten Jahren noch ausweiten könnte. Die Rolle der Ultras bei den gewaltsamen Protesten in Chemnitz im Jahr 2018 ist da nur ein Beispiel.