Rezension

Spannende Familiengeschichte

Das Hochzeitszimmer -

Das Hochzeitszimmer
von Rüdiger und Sonja Lehmann

Bewertet mit 5 Sternen

„...Bis zu ihrem Ende nicht, als sie mich in ihren letzten Atemzügen aufforderte, mich zu den Altären der Gerechtigkeit zu machen, nicht um zu richten, sondern um zu reinigen, nicht um zu rächen, sondern um zu erfüllen...“

 

Diese eher kryptischen Worte ihrer Mutter begleiten die Journalistin Sally bei der Suche nach ihren Wurzeln. Zwei Familien geraten dadurch in ihren Blickpunkt. Es sind die Familie van der Meer, langjähriger Besitzer der Diamantminen in Namibia, und von Odenfeldt, denen mehrere Hotels gehören.

Das Ehepaar hat einen spannenden Roman geschrieben. Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt. Der fein ausgearbeitete Schriftstil folgt einer besonderen Struktur. Es ist das Jahr 2010, in dem sich Sally auf die Suche begibt. Die Handlung kehrt immer wieder in dieses Jahr zurück. Dazwischen erzählen ihre Gesprächspartner Episoden aus der Vergangenheit So baut sich die Geschichte beider Familien wie ein Puzzle nach und nach auf.

Im Jahre 1923 lernen sich Alexander von Odenfeldt und Lydia van der Meer kennen. Beide gelten als schwarze Schafe in ihrer Familie. Sie heiraten und bauen in Windhoek ein Hotel nach ihren Vorstellungen.

Der Roman ist sehr vielschichtig. Auf ihrer Reise in die Vergangenheit wird Sally mit dem deutschen Faschismus, der griechischen Militärdiktatur und dem Kolonialismus nach dem Ersten Weltkrieg konfrontiert. Macht und Gier sind häufig die Motive des Handelns. Dafür verrät man selbst seine Ideale.

Besonders beeindruckt haben mich manch gut ausgearbeitete Gespräche. So unterhält sich Alexander mit seiner Mutter Ilse über den Kolonialismus. Ihre Meinung, man habe Kultur nach Afrika gebracht, kontert er mit folgenden Worten:

 

„...Welche Kultur? Die einer Zivilisation, die schwarze Frauen als Freiwild betrachtet, nachdem sie ihre Männer totgeschossen hat? Die einem Schrei nach Freiheit die totale Vernichtng entgegenhält?...“

 

Der letzte Satz bezieht sich auf den Hereroaufstand. Während die meisten Protagonisten vielschichtig mit Ecken und Kanten gezeichnet werden, trifft das auf Carlo van der Meer nicht zu. Der Besitzer der Diamantmine nimmt sich, was er will ohne jegliche moralische Skrupel. Niederlagen kann er gar nicht vertragen. Irgendwann folgt die Rache. Für seine Minen gilt:

 

„...Es dreht sich alles darum, möglichst viel Gewinn mit geringsten Kosten zu erzielen. Menschen sind Maschinenrädchen. Fallen sie aus, werden sie ausgebaut, verschrottet und ersetzt...“

 

Die Geschichte der Familien steckt voller Intrigen. Sally trifft mit Eric und Elena auf die jüngste Generation. Die ist bereit, die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Eine Besonderheit hat die Geschichte noch. Die Hotelgruppe verfügt in jedem ihrer Hotels über ein sogenanntes Hochzeitszimmer. Dort waren zum Teil Personen der Weltgeschichte untergebracht. Auch davon erzählt der Roman.

Ein Personenverzeichnis und Quellenangaben vervollständigen das Buch.

Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie ist spannend und historisch interessant.