Rezension

Spannende und erfrischende Fortsetzung!

Das grüne Tuch
von Angelika Diem

Cover:
Mir gefällt sehr gut, dass sich das Prinzip des ersten Covers fortsetzt und man wieder Hände sieht. Man wird das Motiv besser verstehen, wenn man die erste Geschichte gelesen hat und insofern finde ich das Cover nicht nur wunderschön zum Anschauen, es hat auch eine inhaltliche, tiefergehende Bedeutung, die ich sehr mag.

Meinung:
Nachdem mir „Der Baeldin-Mord“ unglaublich gut gefallen hatte, war ich froh, dass es nun eine Fortsetzung von Caitlynn gibt und Angelika Diem mich fragte, ob ich auch diese drei Erzählungen rezensieren würde. Ich sagte zu und kann nur sagen, dass ich genauso gefesselt war wie bei dem ersten Teil.
Die Erzählungen finden zeitlich gesehen vor dem ersten Teil statt.

Das Grüne Tuch
Caitlynn äußert ihren Wunsch, sich zur Vollstreckerin ausbilden zu lassen, jedoch ist ihre Familie davon gar nicht begeistert. Durch eine List seitens ihrer Mutter wird sie zu den Heilern geschickt, wo sie nun ausgebildet werden soll.
In dieser Geschichte erfährt man sehr viel über Caitlynns Abstammung, ihre Beziehung zu ihren Familienmitgliedern und vor allem über ihre Wünsche in Bezug auf die Ausbildung zur Vollstreckerin. Ich war beeindruckt von der Tiefe der Personenkonstellation, die auf so wenigen Seiten klar und doch komplex präsentiert wurde.
Obwohl es fast ein Jahr her ist, dass ich den ersten Teil gelesen habe, konnte ich mich ohne Probleme in der Handlung zurechtfinden. Das liegt zum einen daran, dass die Figuren durchweg sympathisch sind und man sich sehr gut in sie hineinversetzen kann, zum anderen liegt es aber auch an dem wunderbaren Schreibstil von Angelika Diem, der mir schon damals gefallen hatte.
War der erste Teil eher ein Krimi mit Fantasyelementen, so ist diese Geschichte doch eher rein fantastisch, was mir ebenfalls sehr gut gefiel.
Ich war angetan von der Beschreibung der Heilung, da hier auch der Titel der Erzählung eine ganz andere Bedeutung erhält. Mir haben diese Details sehr gut gefallen und ich konnte mir diese Szenen so bildlich und detailliert vorstellen, dass ich traurig war, dass die Erzählung schon wieder vorbei war.  

Halbe Hand
Caitlynn hat nun einige Zeit als Lehrling im Grünen Haus verbracht und wird eines Tages ohne Vorwarnung von Handlangern eines Fürsten entführt. Als sie sich auf seinem Anwesen befindet, stellt sich heraus, dass dieser schwer krank ist und Caitlynn ihre Ausbilderin, Melana, dazu bringen soll, ihn zu heilen.
Das, was Caitlynn in der ersten Erzählung erlernt hat, muss sie nun in die Tat umsetzen. Man erfährt weitere Details über die Heilkunst und das hat mir sehr gut gefallen, weil man weiter in die Welt und seine Begebenheiten eintauchen konnte.
Auch hier fand ich die Personen wieder klar gezeichnet. Durch die Kürze der Handlung ist eine starre Gut-Böse-Verteilung vorhanden, die ich aber keineswegs als störend empfunden habe, da sich diese Konstellation am Ende gefährlich zuspitzt, womit ich keinesfalls gerechnet hätte. Diese Wendung fand ich sehr überraschend und sie hat mir gut gefallen, weil hier auch wieder Details der Welt preisgegeben werden.
Ich konnte Caitlynn in dieser Geschichte noch mehr ins Herz schließen, als ohnehin schon und auch Melana mag ich immer mehr. Man erfährt weitere Andeutungen in Bezug auf Caitlynns Familie.
Eine besondere Figur, die das Geheimnis der Halben Hand umgibt, ist für Caitlynn von großer Bedeutung. Die Geschichte, die diese Figur umgibt, fand ich spannend und war angetan davon, wie viel man über die Person erfuhr.
In diesem Teil erfährt man, genau wie in der vorhergehenden Erzählung, Weiteres über die verschiedenen Auren und Gaben der Menschen, was schon im ersten Teil der Reihe angedeutet wurde. Hier konnte man sein Wissen noch einmal vertiefen.
Die Fantasyelemente, die sich Angelika Diem für diese Welt ausgedacht hat, empfinde ich als innovativ und erfrischend, da ich solche Details bisher in keinem anderen Fantasyroman vorgefunden habe, wodurch das Lesen der Erzählungen immer wieder überraschend und spannend ist.

Schmerztrinker
In dieser Erzählung werden wir Zuschauer des Sternkäferfestes, welches im Rahmen eines großen Marktes beschrieben wird. Ich habe diese Szenen sehr gerne gelesen, weil ich mich sofort wohl gefühlt habe und das Treiben und den Trubel direkt vor Augen hatte. Die Beschreibungen des geschäftigen Marktes sind Angelika Diem sehr gut gelungen und auch das Element mit den Sternkäfern und der anschließenden Prozession hat mir sehr gut gefallen.
Caitlynn verkauft gemeinsam mit anderen Bewohnern des Grünen Hauses einige Utensilien und trifft auf Alban, einem Einsiedler, der sofort ihre Neugier weckt. Diese Figur birgt ein sehr umfassendes Geheimnis, welches gegen Ende der Geschichte gelöst wird und für viel Spannung gesorgt hat.
Nachdem der erste Ansturm des Marktes vorbei ist, wird eine junge Frau bewusstlos auf einer Wiese aufgefunden und in Caitlynn regt sich der Wunsch nach Gerechtigkeit, der sich in den beiden anderen Erzählungen immer mal wieder zeigte und weichenstellend ist für den nachfolgenden Teil „Der Baeldin-Mord“.
Diese Geschichte war durch die Ermittlungen Caitlynns wieder etwas kriminalistischer, jedoch wurde dieses Element so geschickt mit den fantastischen Elementen verwoben, dass es mir sehr gut gefallen hat und interessant war zu lesen, wer hinter dem Angriff steckte. Gleichzeitig war es spannend, da man direkt miterleben konnte, wie Caitlynn die ersten Schritte in ihre weitere Zukunft geht, von der wir ja bereits wissen.
Das Ende ist indirekt ein Cliffhanger, man weiß zwar, wie es weitergehen wird, aber der Übergang ist so toll gemacht, dass ich direkt Lust hatte den nachfolgenden Teil erneut zu lesen.

Man kann diese drei Erzählungen nach „Der Baeldin-Mord“ lesen, jedoch würde ich Lesern empfehlen, diese Geschichtensammlung davor zu lesen, um so Caitlynns Entscheidungen besser nachvollziehen zu können.

Fazit:
Ich war überrascht, wie viel Detailgenauigkeit und Tiefe diese drei Geschichten trotz der wenigen Seiten auf eine komplexe Weise beinhalteten. Das, was in „Der Baeldin Mord“ teilweise etwas zu kurz kam, wird hier in Ruhe, aber auf anschauliche und spannende Weise erzählt. Man erhält so die Gelegenheit, nicht nur die Figuren besser kennen und lieben zu lernen, sondern auch weiter in die Welt einzutauchen und diese noch besser kennenzulernen. Desweiteren erfährt man sehr viel über Caitlynn und ihre Familie und kann so rückblickend einige Szenen aus dem ersten Teil besser verstehen.