Rezension

Spannender humorvoller Krimi

Angriff der unsinkbaren Gummienten - Christopher Brookmyre

Angriff der unsinkbaren Gummienten
von Christopher Brookmyre

Jack Parlabane, seines Zeichens Journalist aus Glasgow und bekennender Atheist und Zyniker, glaubt weder an Geister noch an andere Dinge die sich nicht wissenschaftlich erklären lassen. Außerdem verabscheut er jene Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die vielen gutgläubigen Menschen mit dubiosen Vorhersagen hinters Licht zu führen, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Da Jack zu keiner dieser Parteien gehört, wird ihm die Ehre zuteil, ein besonderes Experiment zu begleiten: Gabriel Lafayette,ein berühmtes Medium mit einer sensationellen Erfolgsquote, soll in einer exklusiven Forschungsreihe an der Universität komplett überwacht und wissenschaftlich belegt beweisen, dass er Übernatürliches bewirken kann. Sollte dies der Fall sein, würde der Uni ein eigener Lehrstuhl für Spirituelle Wissenschaften eingeräumt werden, der an die wissenschaftliche Fakultät angegliedert werden solle.

Parlabane nimmt an und wird dem Team zugeordnet, dass den Versuch auf Betrügereien hin überwachen soll. Scheinbar scheint dies der Fall zu sein, denn Parlabane schildert seine Sicht der Dinge aus dem Totenreich und deutet an mehreren Stellen an, dass er eines nicht normalen Todes starb, sondern Opfer eines dubiosen Verbrechens wurde.

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Brookmyres Roman ist nicht nur ein Krimi, sondern viel mehr auch ein Spiegel der Gesellschaft. Gerade in der heutigen Zeit, in der fast täglich bahnbrechende technische und wissenschaftliche Fortschritte gemacht werden, schießen die Spiritisten, Medien, Fanatiker und Sekten nur so aus dem Boden. Fernsehsender bieten – vorrangig in den Abendstunden – Wahrsagerei und Vorhersagen an und die Leitungen glühen. Menschen lassen sich aufs Schlimmste manipulieren, was der Autor am Beispiel der Zeugen Jehovas zeigen, die lieber ihr Kind sterben lassen, als ihm die lebensrettende Blutkonserve geben zu lassen. Eine klare Ansage gegen die kommerzielle Ausbeute leichtgläubiger Menschen!

Ähnlich eines Puzzles gestaltet Brookmyre seine Geschichte. John Parlabane, der einzige der Bescheid weiß, berichtet machtlos aus dem Jenseits, während sich im Diesseits die Protagonisten die Klinke in die Hand geben. Aus verschiedenen Perspektiven werden die Geschehnisse vor, während und nach des Experimentes geschildert, bis sie letztendlich ein schlüssiges Gesamtbild ergeben. Brookmyre entzaubert das Mythische und zeigt die Tricks, mit denen die Spiritisten arbeiten und belegt nicht nur einmal, wie leicht sich die Menschen veräppeln lassen – weil sie es teilweise auch gar nicht anders wollen, denn sie bekommen ja scheinbar genau die Antworten, die sie insgeheim hören wollten. Wie beruhigend ist es doch, aus “fachlicher” Hand zu hören, dass es dem geliebten Menschen im Jenseits wirklich gut geht und dass er nicht will, dass wir auf der Erde in Trauer versinken?

Eine Wendung jagt die nächste und man gerät oft auf die falsche Spur. Nichts ist wie es scheint, alles ist eine große Illusion. Lafayette ist der Star dieser Illusion und die Menschen scharen sich freiwillig um ihn, denn er kennt die Antworten auf die Fragen der Menschen, er kann Trost spenden, Angst nehmen – und sich damit wunderbar bereichern. Dieses Prinzip funktioniert schon seit vielen Jahrtausenden und erinnert an die Handlungsweisen verschiedener Glaubensgemeinschaften. Wissenschaftlich belegt ist dabei nicht viel, aber die Menschen wollen ja meist auch keine Beweise, das gute Gefühl genügt.

Die Story insgesamt ist mehr als spannend, man muss aktiv dabei sein, um den verschiedenen Handlungssträngen zu folgen und die Puzzleteile zueinander zu bringen. Die lebendigen Charaktere tragen dazu viel Nützliches bei: Erfahrungen mit dem Spirituellen, Zweifel, die Suche nach der Wahrheit, aber auch Selbstbetrug und Dreistigkeit. Dazu kommt noch eine gehörige Portion Humor und Unterhaltung, die das Buch zu einem tollen Gesamtwerk mit aufklärerischem Charakter machen. Für mich ein sehr informatives, spannend-kurioses und unterhaltsam-schwarzhumoriges Lesevergnügen, das ich hier nur empfehlen kann!

Anmerkung: Angriff der unsinkbaren Gummienten ist der fünfte Band der Romane um den Journalisten Jack Parlabane, aber der erste, der in deutscher Sprache übersetzt wurde. Dies tut der Handlung eigentlich keinen Abbruch, nur findet man ab und an Bezüge auf Jacks Vergangenheit, die mich, da ich das erst nach dem Lesen festgestellt hatte, leicht verwunderten.