Rezension

Spannender Krimi anno 1990 in Dresden

Desperados im Land des Lächelns - Stefan B. Meyer

Desperados im Land des Lächelns
von Stefan B. Meyer

Bewertet mit 5 Sternen

„…Wir haben nur versucht, uns zu verteidigen…Wir wollten Autonomie und haben euch bekommen…“

 

Wir schreiben das Jahr 1990. In Dresden stoßen ein Militärfahrzeug der Sowjetarmee und ein Privatauto zusammen. Der russische Fahrer flieht mit seiner Kalaschnikow.

Fünf Monate sind vergangen. Familie Paulus kommt mit ihrem Wartburg vom einkaufen aus Polen zurück. Als Erhard Paulus den Balkon seiner Wohnung betritt, hat er nur noch wenige Augenblicke zu leben. Der Fall landet auf dem Tisch von Peter Wallner.

Der Autor hat einen spannenden und sehr authentischen Kriminalroman geschrieben. Er fängt die Stimmung zur Zeit der Wende erstklassig ein.

Peter Wallner, sein Protagonist, geht in den Vorruhestand. Der Fall ruht. Dann erscheint Torsten Mars aus Baden-Württemberg auf der Bildfläche. Er hofft, dass ihm die Abordnung nach Dresden den nötigen Karriereschwung gibt. Nach dem Studium der Akten kümmert er sich persönlich darum, dass Peter Wallner wieder als freier Ermittler, und nur ihm verpflichtet, einsteigt.

Doch die Aufklärung der Mordfälle ist nur die eine Seite des Buches. Die Geschehnisse in Dresden im Jahre 1990 werden vielschichtig dargestellt. Dazu gehört das Auftreten der Neonazis, politische Kungeleien und selbst der Monolog eines Hauses.

Das Buch lässt sich zügig lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Das lag an der fesselnden Handlung und an den gekonnten Schreibstil. Zu Beginn jedes Kapitels gibt es eine kurze Einführung, was den Leser im Folgenden erwartet. Das hat mir sehr gut gefallen, denn damit wurde das Interesse am Weiterlesen angekurbelt.  Die Dialoge zwischen Wallner und Mars sind besondere Stellen im Buch. Hier stehen sich zwei Welten auf Augenhöhe gegenüber. Der junge Staatsanwalt ist bereit, ohne Überheblichkeit die Ansichten seines Gegenübers zu akzeptieren. Ein anschaulicher und mit feinem Humor gewürzter Stil findet sich im Monolog des Hauses. Viele der Dinge, die mir der Autor vor Augen führte, hatten hohen Wiedererkennungswert. Bei allen behandelten Themen kommt er haarscharf auf den Punkt. Eine gewisse satirische Betrachtung der Verhältnisse durchzieht das Buch. Es gäbe noch manche Feinheiten und kleinen Geschichten zu nennen, die das Buch auszeichnen. Doch das würde den Rahmen dieser Rezension sprengen.

Das Cover mit dem Blick auf eine Dresdner Sehenswürdigkeit passt sehr gut.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor lässt in einer abwechslungsreichen Handlung die Zeit des Umbruchs erneut lebendig werden. Mit spitzer Zunge und passenden Worten zeigt er, was warum falsch gelaufen ist.