Rezension

Spannender Politthriller

Die Watson-Legende - Kai Bliesener

Die Watson-Legende
von Kai Bliesener

Bewertet mit 4 Sternen

„...Mordaufträge waren an sich heikle Angelegenheiten. Schlecht vorbereitet oder ausgeführt, konnten sie heftige diplomatische Verwicklungen auslösen...“

 

Das Buch beginnt im Jahre 1947. Ein 17jähriger Junge nimmt am Flughafen in London Abschied von seinen Eltern. Wenige Minuten später explodiert deren Flugzeug in der Luft.

Im Jahre 1964 lebt der mittlerweile 33jährige Carl Jansen in der Schweiz. Er hat sich zu einem Mann für besondere Fälle und endgültige Lösungen entwickelt. Seine Aufträge erhält er von der Organisation, einem unabhängigen westlicher Geheimdienst, der für heikle Angelegenheiten zuständig ist.

Morrisson, deren Chef, beordert Carl in das geteilte Berlin. Schnell stellt Carl fest, dass die neue Aufgabe völlig anders ist als alle bisherigen. Er soll einen geheimen Austausch von Spionen zwischen Ost und West managen.

Der Autor hat einen fesselnden Polit-Thriller geschrieben. Im Gegensatz zu Carl weiß ich eher, wer in diesem Fall Freund oder Feind ist. Das nimmt der Geschichte aber nichts von ihrer Spannung, denn die Akteure im Hintergrund haben alle ihre eigenen Vorstellungen, wie der Coup laufen soll. Carl, der am liebsten allein arbeitet, ist mit seinen Kontaktleuten nicht glücklich. Einige Feinde sehen in Berlin die große Chance, ihre Rechnungen mit Carl endlich zu begleichen. Alte Seilschaften werden aktiviert. Nichts läuft so, wie es sich Carl vorgestellt hat.

Wie exakt Carl die politische Lage einschätzt, zeigt das folgende Zitat:

 

„...Und wenn ich mich recht erinnere, waren es die Deutschen, die den Krieg angezettelt haben, der Millionen Menschen das Leben gekostet hat […] Nur deshalb sitzen wir hier mitten in einer geteilten Stadt und um uns herum tobt ein Krieg. Kein lauter, sondern ein leiser Krieg. Er ist kalt und vor allem eins: brandgefährlich...“

 

Ihm gegenüber sitzt zu dem Zeitpunkt ein Mann des BND und gleichzeitig Mitglied der Operation Gehlen.

Der Schriftstil sorgt für den rasanten Handlungsablauf. Ich darf nicht nur Carl bei einen Planungen über die Schulter schauen, sondern auch die Gedanken der verschiedenen Geheimdienstleute verfolgen, seien sie aus dem Osten oder aus dem Westen. Besonders intensiv sind alte Nazis in das Geschehen involviert. Sie klären Carl über die Verursacher des damaligen Flugzeugabsturzes auf und hoffen so auf seine Zusammenarbeit.

Carl muss sich fragen, wem er wirklich vertrauen kann. Ein solcher Mann ist Jäger. Ihm lässt er einen Blick in sein Inneres werfen.

 

„...Nein, ich möchte dich nicht in Schwierigkeiten bringen. Dich aufzusuchen, obwohl ich derzeit nicht sagen kann, wer Freund und Feind ist, war schon Risiko genug...“

 

Von Anfang an hatte ich den Eindruck, dass Carl mit seinem Job auf Dauer nicht glücklich ist und für ein Leben danach plant. Verstärkt wurde das Ganze, als ich im Laufe der Handlung erfahren habe, wie die Entwicklung des Carl Jansen vonstatten ging.

Die Geschichte wird konsequent und logisch zu Ende geführt, lässt aber die Frage offen, wie es mit Carls Leben weiter geht.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Hier werden historische Zusammenhänge in einer spannenden Handlung wiedergegeben und aufgearbeitet. Deutlich wird außerdem, dass für die Geheimdienste ein Menschenleben durchaus verzichtbar ist.