Rezension

Spannender Thriller

Die Grausamen
von John Katzenbach

Bewertet mit 5 Sternen

Sie sind schon ein ungewöhnliches Gespann, das man da zusammengetan hat, Gabriel (Gabe) Dickinson und seine Partnerin Marta Rodriguez-Johnson.
Gabe wurde in die neu gegründete Cold-Case-Abteilung gesteckt, weil aus dem ehemaligen Topp-Polizisten ein Alkoholiker wurde, der seit einem Bootsunfall, bei dem sein Schwager ums Leben kam, sein eigenes nicht mehr auf die Reihe bekam. Seine Ehe wurde geschieden, sein Sohn  blieb bei seiner Frau. Der einzige Freund, der ihm blieb, war der Alkohol.
Marta ist Witwe und lebt allein mit Tochter und Mutter zusammen. Sie arbeitete bei der Drogenfahndung, bis sie bei einem Einsatz versehentlich ihren Partner erschoss. Ihre Kollegen vertrauen ihr nicht mehr, ja schlimmer noch, sie vertraut sich selbst auch nicht.
Die beiden sind nunmehr für alte, ungelöste Fälle verantwortlich. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, die mehr von Langeweile geprägt waren, stoßen sie auf 4 Fälle, die 20 Jahre zurückliegen. Als sie anfangen, darin herumzustochern, tut sich ihnen ein weiterer Fall auf, dem Verschwinden der 13-jährigen Tessa. Gibt es zwischen diesen Fällen einen Zusammenhang und warum scheint es noch immer brisant zu sein, sich mit ihnen zu beschäftigen? ...

Zwei verkrachte Existenzen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch müssen sie miteinander klarkommen, sich arrangieren. Es dauert eine Weile, bis sie wissen, wie sie den jeweils anderen zu nehmen haben. 
Gabe und Marta haben sich die 5 Fälle vorgenommen, die ihrer Meinung nach zusammenhängen. Sie graben tief in den 20 Jahre zurückliegenden Fällen. Die Chance, nach all der Zeit überhaupt noch neue Erkenntnisse gewinnen zu können, ist verschwindend klein und doch geben sie nicht auf. 
Es dauert nicht lange, bis sie jemandem auf die Füße getreten sind, man will sie von den Fällen abziehen, aber für sie geht es jetzt um alles. Irgendwer will verhindern, dass sie ihre Arbeit machen. Tote pflastern ihren Weg, es macht irgendwie keinen Sinn.

Zur Polizeiarbeit und der erneuten Spurensuche nach den Mördern nimmt der Leser auch Anteil an das Leben der beiden Protagonisten Marta und Gabe. Man erlebt beide an den Wendepunkten ihres Lebens. Sie können beide nicht tiefer sinken, sie wissen es, nehmen ihre letzte Chance an und wollen sie zum Erfolg führen. Sie kommen aber auch an den Punkt, an dem es nicht schlimmer werden kann und an dem ihnen die Konsequenzen klar sind, wenn sie dort weitermachen. Man will sie stoppen, aber das ist für sie keine Option mehr.
Sie lernen, einander zu vertrauen, doch bis dahin ist es ein langer Weg.

Ein spannender Thriller, der mit dem Verschwinden der 13-jährigen Tessa beginnt, die nach dem Besuch bei einer Freundin nicht nach Hause kam.
Der Fall wurde nie gelöst, erst 20 Jahre später interessiert man sich wieder dafür.
Während man zu Beginn des Buches, nach dem Prolog, ruhig in die Geschichte eingeführt wird, nimmt sie anschließend Fahrt auf. Die Ereignisse überschlagen sich und die Spannung steigt. Man fiebert als Leser mit, rätselt, wie könnte es zusammenhängen, wer sind der / die Mörder? 
Auch wenn ich für mich eine These aufgestellt hatte, musste ich sie durch immer neu hinzugekommende Erkenntnisse revidieren bzw. anpassen. Obwohl ich mit meiner Vermutung nicht so verkehrt lag, überraschte mich das Ende dann doch.

Hat man sich in die Geschichte eingelesen, will und kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Man ist gefesselt und mag nicht mehr aufhören zu lesen. 
John Katzenbach lässt den Leser unmittelbar an den Gedanken der Protagonisten teilhaben. Kenntlich gemacht sind sie in kursiver Schrift, mal sachlich, mal sarkastisch, aber immer als Ergänzung zum gerade geschehenen.

Nachdem ich das Buch nun gelesen habe, grübele ich noch immer über den deutschen Titel nach "Die Grausamen". Ganz erschließt er sich mir nicht. Ich bin mit anderen Erwartungen herangegangen, die mir der Titel suggeriert hat, die sich jedoch nicht erfüllten.

Es ist ein Thriller, den ich sehr gern weiterempfehle. Spannend von der ersten Seite an, mit einem stetig steigenden Spannungsbogen und mit einem überraschenden Ende.