Rezension

Spannender Wissenschaftsthriller

Collapse - Bernd Roßbach

Collapse
von Bernd Roßbach

Bewertet mit 5 Sternen

„...Katastrophen geschehen nicht einfach, sie sind das Resultat einer Verkettung unglücklicher Umstände...“

 

Mit dem Zitat beginnt der Roman. Nach Lesen des Buches haben sich die Worte relativiert. Die Mehrzahl der unglücklichen Umstände sind menschengemacht.

Wir schreiben das Jahr 2017. Jack Burton, Oberarzt eines Krankenhauses in Dallas, ist an den Grenzen seiner Kapazität angekommen. Der Ansturm von Kranken und Verletzten lässt nicht nach. Keiner weiß, was die Epidemie ausgelöst hat und wie sie in den Griff zu bekommen ist.

Zur gleichen Zeit absolviert Shuin Sparks einen Sprung aus einem Spacegleiter auf die Erde. Er hatte das Auswahlverfahren gewonnen.

Kurze Zeit später erhält Sparks eine Stelle im Collider in Dallas. Dort soll der Urknall simuliert werden. Doch das Experiment läuft aus dem Ruder. Es entsteht ein minimales Schwarzes Loch, was wider Erwarten stabil bleibt. Gleichzeitig gibt es Spionagevorwürfe, denn aus China werden gleiche Ergebnisse gemeldet.

Der Autor hat einen fesselnden Roman geschrieben, in dem wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen konsequent weitergedacht werden. Neben vielen anderen Handlungssträngen stehen zwei Ereignisse im Vordergrund.

Das Militär ließ eine bewusstseinsverändernde Droge entwickeln. Doch ihr Einsatz sorgt für ungeahnte gesellschaftliche Nebenwirkungen.

Im Wettbewerb um die neuesten Ergebnisse in der Physik werden im Collider Experimente simuliert, ohne die Folgen zu bedenken.

Das Buch verfügt über einen hohen Spannungsbogen. Handlungsorte und die Anzahl der Personen weiten sich je nach Bedarf. Auf Grund von Vorkenntnissen haben mich insbesondere die physikalischen Zusammenhänge und ihre Deutung begeistert. Obwohl der Autor mit Fachbegriffen vorsichtig umgeht und viele Dinge populärwissenschaftlich nachvollziehbar erklärt, sind Kenntnisse der modernen Physik durchaus von Vorteil. Sie erhöhen das Lesevergnügen, weil sie das Mitdenken und Abstrahieren erleichtern.

Der Autor hat aber nicht nur eine abwechslungsreiche und vielschichtige Geschichte geschrieben, er hat wichtige Fragen der Gegenwart angeschnitten. Immer wieder spielt die Verantwortung des Wissenschaftlers eine Rolle. Genau die wird von vielen der Protagonisten geleugnet. Muss wirklich alles ausprobiert werden, was möglich ist? Hinzu kommt, dass wichtige Entscheidungen in Amerika in der Hand des Militärs liegen. Das aber tritt zwar durch ihre Vertreter arrogant und bestimmend auf, hat aber weder von der Wirkung der Droge noch von den physikalischen Abläufen die geringste Ahnung. Dadurch sind Fehlentscheidungen vorprogrammiert. Gier, Machtstreben und Allmachtsphantasien sind im Augenblick der Katastrophe auch nicht gerade hilfreich.

Eine weitere positive Seite ist der abwechslungsreiche Schreibstil des Autors. Nicht nur, dass er Wortwahl und Ton beim Militär und im Bereich der Wissenschaft punktgenau trifft, dass er einem 12jährigen Mädchen Worte in den Mund legt, die die Situation glasklar beschreiben und gestandenen Männer ihr Unvermögen vor Augen führt, auch manche Dialoge sollte man sich in Ruhe auf der Zunge zergehen lassen. Beispiele verbieten sich, weil ich dann Spoiler setzen müsste. Der Autor verfügt ebenfalls über die Fähigkeit, romantische Situationen mit passenden Metaphern wiederzugeben. An anderen Stellen finden sich schwarzer Humor und Sarkasmus pur. Selten habe ich in einem Thriller so unterschiedliche Ausdrucksmöglichkeiten vorgefunden.

Das Cover mit der zerbrechenden Welt im Hintergrund und dem Serum im Vordergrund passt zum Thema.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es hat mich nicht nur ausgezeichnet unterhalten, sondern mein Mit – und Weiterdenken gefordert, aber auch auf die Gefahren, die unserer Welt drohen aufmerksam gemacht. Obwohl wenn die Physik den größeren Raum einnahm im geschehen einnahm, wurde auch andere wissenschaftliche Gebiete mit neuen Theorie gestreift. Wer Wissenschaftsthriller mag, wird eine Vielzahl von Ideen finden.