Rezension

Sprache zu krass

Montana - Smith Henderson

Montana
von Smith Henderson

Bewertet mit 3 Sternen

Diese Rezension erscheint auch auf meinem Blog www.zeilenliebe.wordpress.com.

Allgemeines:

Autor Smith Henderson ist selbst in Montana aufgewachsen und hat dort – ähnlich wie sein Protagonist – unter anderem als Sozialarbeiter gearbeitet. Sein Roman Montana ist Ende April 2016 erschienen. Die originale Ausgabe mit dem Titel Fourth of July Creek wurde 2014 mit dem Montana Book Award ausgezeichnet.

Inhalt:

„In den abgeschiedenen Tälern und nahezu undurchdringlichen Bergwäldern im Nordwesten von Montana ist der Sozialarbeiter Pete Snow unterwegs, um Kindern zu helfen. Da gibt es drogensüchtige Mütter, gewalttätige Väter, Waffen- und Bibelnarren, aber vor allem die ganz normale Armut. Als eines Tages Benjamin, ein halb wilder, vernachlässigter Junge, in seiner Stadt auftaucht, lernt er dessen Vater Jeremiah Pearl kennen, einen Anarchisten und Weltverschwörer, der im Wald lebt und sich gegen die Endzeit wappnet …

Pete Snow ist Sozialarbeiter in der kleinen Stadt Tenmile im Nordwesten von Montana, und es gibt viel zu tun in den Dörfern und abgelegenen Farmen mitten in der Wildnis. Das Leben vieler Leute ist geprägt von Armut, Gewalt, Alkohol und Drogen, und oft steht Pete zwischen seinen Klienten und der Polizei. Über sein eigenes Leben verliert Pete zusehends die Kontrolle, vor allem als seine halbwüchsige Tochter Rachel davonläuft und er immer wieder vergeblich nach ihr sucht. […]“ (Quelle: Verlagsgruppe Random House)

Meine Meinung:

Smith Hendersons Buch Montana ist zeitlich in der Ära Reagan angesiedelt. Amerika hat viele soziale Probleme. Drogen, Alkohol und Perspektivlosigkeit sind die brennenden Themen dieser Jahre. Diese Thematik greift Henderson in seinem Buch auf. Er lässt uns teilnehmen am Leben des Sozialarbeiters Pete im Amerika der 1970er Jahre. Pete ist selber eine gescheiterte Existenz und hat ähnliche Probleme wie seine Klienten. Sein Leben hat er mal mehr mal weniger im Griff, manchmal weiß man nicht, wen man mehr bedauern soll, ihn oder die Menschen, die er betreut.

Die Handlung switcht zwischen verschiedenen Fällen, die Pete bearbeiten muss, und Episoden aus seinem eigenen Leben. Außerdem sind Interviews eingebaut, die den Hintergrund um seine verschwundene Tochter beleuchten.

Der Roman weist eine sehr derbe Sprache auf, an die ich mich nur schlecht gewöhnen konnte. Zwischendurch gibt es immer aber auch wieder schön geschriebene Passagen.

Das Buch schildert knallhart den Alltag sozial auffällig gewordener Familien und die Ohnmacht der Behörden. Pete würde durchdrehen, wenn er in allen der ihm anvertrauten Fälle optimal helfen würde, er dreht aber auch durch, weil er eben dieses nicht leisten kann. Er muss sich oft genau so verhalten wie er es selber verabscheut: Er muss lügen und beschönigen, um seine Klienten in entsprechende neue Aufenthalte zu vermitteln.

Es wird sehr drastisch geschildert, welche Martyrien einige der Klienten durchleben mussten. Das ist für den Leser krass, aber nur so kommt die Handlung glaubwürdig rüber.

Dieser Roman zeigt sehr eindrücklich die Mechanismen, denen sowohl Sozialarbeiter als auch Klienten unterliegen. Keiner kann aus seiner Haut und Rolle, die Veränderungen sind minimal, es kommt immer wieder zu Rückschlägen. Pete lassen seine Fälle auch  in seiner  Freizeit und in seinem Privatleben nie los. Besonders die Kinder sind ihm eine Herzensangelegenheit.

Jemand, der selber kaputt ist, hilft anderen, denen es manchmal nicht so viel schlechter geht. Gut und Böse liegen nicht weit auseinander. Der Verlauf der Handlung ist irgendwann kaum noch aushaltbar.

Mein Fazit:

Sicherlich thematisch ein wichtiges Buch, eine weniger krasse Sprache wäre in jedem Fall angemessener gewesen und hätte mir mehr Lesefreude bereitet. Positiv hervorzuheben sind die Figuren, die in ihrer Zerrissenheit sehr glaubwürdig ausgebaut sind.