Rezension

Sprachlich gewaltig, thematisch wichtig, der Rest nicht ganz mein Fall !

Zwischen zwei Fenstern - Dianne Touchell

Zwischen zwei Fenstern
von Dianne Touchell

Bewertet mit 3 Sternen

Zwischen zwei Fenstern erzählt die Geschichte von zwei Außenseitern, Maud und Creepy, die für ihre Umwelt, selbst für ihre Eltern, die meiste Zeit einfach nur unsichtbar sind. Der Raum zwischen ihren beiden Fenstern wird ihre Schutzzone, hier können sie sein wie sie sind, denn hier nehmen sie einander ganz bewusst wahr.

Zwischen zwei Fenstern ist die erste Geschichte aus dem Königskinder Verlag, bei der sich meine Begeisterung leider sehr in Grenzen hält. Zwar kann mich Dianne Touchell mit ihrem wunderbar poetischen Schreibstil und ihrer unbändigen Wortgewalt für sich gewinnen, und trotzdem war dieses Buch nicht ganz mein Fall. Man muss viel zwischen den Zeilen lesen, was mich in der Regel nicht stört, eher das Gegenteil ist der Fall, doch hier empfand ich es oft als anstrengend und mühselig. Vielleicht auch deshalb, weil ich keinen wirklichen Bezug zu den Figuren hatte.

Sowohl Creepy als auch Maud wirkten auf mich recht distanziert. Ihre Gedanken kreisen oft um, für mich als Leserin, völlig unwichtige Dinge, halten sich mit seltsamen Wirrungen und Ausschweifungen auf, was mich manchmal echt an meine Grenzen trieb und in Versuchung brachte, das Buch vielleicht doch einmal erst zur Seite zu legen.
Ich habe es aber nicht getan, in der Hoffnung auf Besserung. Die leider ausblieb.

Es ist ein psychologisch ausgeklügelter Roman der wichtige Themen aufs Tapet bringt. Es geht dabei um Selbstverletzung, um psychische Probleme und um die damit einhergehende Ohnmacht unserer Gesellschaft in Bezug auf ebenjene Themen. Man schaut lieber weg oder konzentriert sich darauf an einem Menschen schlechte Eigenschaften zu finden, statt sich mit dem Offensichtlichen zu beschäftigen.
Das fand ich sehr gut und greifbar beschrieben.

Gestört hat mich dagegen das die "Liebesgeschichte" eine sehr seltsame war. Creepy ist verliebt in Maud, die ihm gegenüber wohnt, mit der er gemeinsame Unterrichtsfächer belegt, mit der er zwischen den Fenstern einen sehr privaten und intimen Raum teilt und doch kennt er nicht einmal ihren Namen. Er beobachtet sie durch sein Fernglas, was auf mich wirklich unglaublich unheimlich wirkte. Er kommt mir vor wie ein Stalker und macht seinem Namen "Creepy" damit wirklich alle Ehre.

Ich bin wirklich sehr hin und hergerissen in meiner Meinung. Thematisch ist es ein wirklich interessantes und wichtiges Buch, sprachlich ist es eine Wucht, aber der Rest ? Konnte mich nicht so recht erreichen und berühren. Leider.

Noch eine Anmerkung am Rande: Von der Atmosphäre her erinnerte mich das Buch sehr an den Film Harold & Maud, falls den mal jemand von Euch gesehen hat. Auch da verbindet die beiden Hauptcharaktere eine sehr merkwürdige Art der Freundschaft, die ähnlich morbide Züge hat, wie die zwischen Creepy & Maud. Vielleicht ist die Namenswahl, also MAUD, ja hier gar kein Zufall :) Wer weiß.