Rezension

Spurensuche in Georgien

Vor einem großen Walde -

Vor einem großen Walde
von Leo Vardiashvili

Bewertet mit 5 Sternen

Ich bin echt froh, dass ich mich für die Hörbuch-Variante dieser Geschichte entschieden habe, denn das, was der Schauspieler und Sprecher Shenja Lacher hier leistet, ist wirklich unglaublich. Jede Figur erhält ihre eigene unverwechselbare Stimme, unter allen hatte es mir aber vor allem der fortwährend schimpfende und fluchende Taxifahrer Nodar angetan, unter dessen rauer Schale sich ein goldenes Herz verbirgt.

Auf diesen trifft Saba, Protagonist der Geschichte, am Flughafen von Tbilisi (Tiflis). Er ist nach Georgien geflogen, nachdem erst sein Vater Irakli und schließlich auch sein älterer Bruder hier verschwunden sind. Die Familie war einst nach England geflohen, musste die Mutter jedoch zurücklassen. Sabas Bruder hat nun eine Spur gelegt, welcher Saba folgen soll, ohne dass die Polizei das Ziel errät. Denn auch diese ist auf der Suche nach Irakli und kassiert am Flughafen erst einmal Sabas Pass ein.

Außerdem streifen wilde Tiere durch die Stadt, die aus dem örtlichen Zoo ausgebrochen sind. Während die gesamte Geschichte mit märchenhaften Elementen durchwoben ist, beruht dieses Detail auf Tatsachen, denn vor 9 Jahren kam es in Tbilisi zu einer Überschwemmung, bei der viele Tiere entkamen. Ein Mann wurde dabei sogar von einem Tiger getötet.

All das trägt zu der gefahrvollen Atmosphäre bei, die sich durch das Buch zieht. Aber es gibt auch lustige Momente und Nodarrrrr (mit einem langen gerollten R am Ende) wird mir wohl noch lange in Erinnerung bleiben. 

Es ist ein herzzerreißendes Buch, dank dessen ich mich - neben der täglichen Nachrichten - die letzten Tage intensiv mit Land und Leuten auseinandergesetzt habe. Ich habe mir sogar das diesjährige Europakonzert der Berliner Philharmoniker in Georgien angesehen und drücke diesem gebeutelten, aber tapferen Volk ganz fest die Daumen, dass sie ihre Unabhängigkeit verteidigen können und nicht die nächsten sind, nach denen Putin greift.