Rezension

Starker Anfang, schwaches Ende

Behalte das für dich! -

Behalte das für dich!
von Tom Ryan

Bewertet mit 3.5 Sternen

Aus irgendeinem Grund - vielleicht wegen der ähnlichen Gestaltung-, dachte ich zunächst, es könnte sich um einen Folgeband zu „Radio Silent“ (vom selben Autor) handeln, in dem Podcasterin Dee einen Cold Case löst. Da lag ich falsch. Um einen ungelösten Fall geht es zwar in der Tat, aber dieses Mal führt uns der Autor nach Camera Cove, eine Küstenstadt, in der ein Serienmörder vier Menschen umgebracht hat, aber nie gefasst wurde.

Eines seiner Opfer war Connor, ein Jugendlicher, allseits beliebt und Macs bester Freund. Die Clique von Connor und Mac – zu der noch Ben, Doris und Carrie gehören – hat Connors Tod nie verarbeitet. Doch dann findet Mac eine Notiz von Connor aus der Nacht, in der er starb. Wusste Connor, wer der Mörder war? Mac macht sich auf die Suche nach Antworten.

Ich liebe es, wenn Protagonisten in einem authentischen Tempo Geheimnissen auf den Grund gehen. Macs Geschichte hat mich Zweidrittel des Buches begeistert. Denn hier bekommen wir genau das, was einen guten Thriller ausmacht. Viel Atmosphäre, nachvollziehbare Ermittlungsschritte und einen sympathischen Protagonisten. Mac geht sorgsam alle Informationen durch und beginnt zu recherchieren. Nicht alle seine Überlegungen sind richtig, viele Aktionen von wenig Erfolg gekrönt. Aber die Glaubwürdigkeit stimmt. Gefesselt rätselt man mit.

Auch die queere Lovestory, die sich entwickelt, ist süß, obwohl sie innerhalb der Geschichte einerseits zu sehr an der Oberfläche bleibt, um unverzichtbar zu sein und andererseits (wie so oft) vom eigentlichen Fall ablenkt.

Natürlich findet Mac mit der Zeit doch ein paar Dinge heraus. Nur leider, und das tut mir richtig in der Thrillerseele weh, bricht das letzte Drittel dann ziemlich ein. Erkenntnisse kommen aus dem Nichts, werden verworfen und gegen neue ersetzt, ebenso willkürlich. Dann ist plötzlich alles glasklar, aber warum? Beweise fehlen. Nichts für ungut, aber eine intuitive Falllösung ist einfach frustrierend.

Ein Problem ist, dass bestimmte Charaktere (ich will nicht spoilern) zu Beginn völlig anders beschrieben werden, als sie tatsächlich sind und man das irgendwann so nebenbei erfährt. Was ist hier passiert? Hat sich der Autor auf halber Strecke eine neue Auflösung zurechtgelegt? Irreführung des Lesers?

Ich will die Messlatte nicht zu hoch hängen, es ist natürlich ein Jugendthriller und zwar einer, der immer noch besser ist, als viele andere. Aber auch Jugendliche lieben Logik. „Behalte das für dich“ ist von der Idee her genial und über weite Strecken toll, verliert im letzten Drittel aber deutlich an Qualität, weil die Auflösung nicht ausgewogen vorbereitet wird. Das ist schade, weil der Autor es besser kann. Mit „Radio Silent“ hat er es bewiesen.

Fazit: Trotz einiger Kritikpunkte zu großen Teilen ein spannendes Jugendbuch. Nur das Ende fällt leider ab.