Rezension

Suche nach den Wurzeln

Der Trommelwächter -

Der Trommelwächter
von Rüdiger und Sonja Lehmann

Bewertet mit 5 Sternen

„...Viele Menschen haben Probleme mit den Stammbäumen. Wer ist Onkel, Cousine, Schwager oder Urgroßmutter? Ich habe eine Weile gebraucht, bis mir das Ganze Schlüssig vorkam...“

 

Randy Armstead trifft sich im Jahre 2021 in Windhoek mit Tyron Okoye. Seine Nachforschungen haben ergeben, dass Awa Boud ihre gemeinsame Ahnin ist. Ihr Mann Dayo Boud war Trommelwächter und hat dieses Amt an seinen Sohn und damit ihre Nachkommen vererbt. Doch seit dem Tod von Randys Vater ist die Trommel verschwunden. Randy erhofft sich von deren Inhalt Antworten auf manch Ereignisse in seiner Familie.

 

„...Von meinem Vater weiß ich, dass die Trommel angeblich ein Hort von Niederschriften über die Geschehnisse im Leben der jeweils Beteiligten war, die sowohl Kono als auch Großvater Amadou darin hinterlegten und aufbewahrten...“

 

Das Autorenpaar hat erneut eine spannende Lebensgeschichte geschrieben. Sie führen Randy mit Sally Wheeler zusammen, die schon zwei Bücher über ihre Vorfahren geschrieben hat.Das Buch ist auch ohne Kenntnis der anderen Bände verständlich. Wichtige Fakten werden an passender Stelle integriert.

Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Schnell wechselnde Handlungsorte und Zeitabschnitte sorgen für eine innere Spannung. Außerdem zeugt das Geschehen von einer umfangreichen Recherche der Autoren.

Awa wurde 1860 mit der Clothilde, dem letzten Sklavenschiff, nach Amerika gebracht. Zu dem Zeitpunkt wusste sie noch nicht, dass sie schwanger ist. Ihr Sohn Kono hat als Kind die Sklavenbefreiung erlebt. Später reist er nach Afrika, trifft dort seinen Vater und bekommt die Trommel überreicht.

Angegliedert an die Familiengeschichte werden eine Menge von historischen Themen behandelt. Dementsprechend treffe ich auf verschiedene Persönlichkeiten der Geschichte. Randys Großeltern hatten sich einen Namen als Jazzmusiker gemacht. Seine Großmutter sang außerdem Chansons. Dadurch erfahre ich vieles über die Musikszene.

 

„...Jazz ist eine Mischung aus afrikanischer und europäischer Musik, die sich in den Lebensräumen der schwarzen US-Bevölkerung entwickelte...“

 

Ich tauche tief in das Paris der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts ein. Auch das Leben in New Orleans wird thematisiert.

Bei einem Auftritt in Kuba wird Randys Großmutter von Carlo van der Meer zu einem Gespräch eingeladen. Sie stammt aus einer bekannten französischen Reederfamilie. Die will Carlo für seine dunklen Geschäfte nutzen. Sein Partner ist außerdem der Mafiaboss auf Kuba. Dadurch erfahre ich, wie moderner Sklavenhandel funktioniert.

Die Autoren setzen das Leben ihrer Protagonisten wie ein Puzzlespiel zusammen. Es vollzieht sich immer in gesellschaftlichen Kontext. Zeitungsartikel und aufgefundene Dokumente sind kursiv eingefügt.

Randy hat nur die Information, dass seine Mutter die Trommel in Berlin versteckt hat. Gibt es eine Chance, sie zu finden? Antworten könnten die Fotografien von Katharina Austerlitz, Randys Mutter, geben.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es bearbeitet viele brisante Themen, die bis heute nachwirken. Gleichzeitig versuchen sich Sally und Randyan der Aufarbeitung des Unrechts, das in Afrika geschehen ist.