Rezension

Syrien und die Tradition der Geschichtenerzähler...

Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte - Rafik Schami

Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte
von Rafik Schami

Bewertet mit 4 Sternen

Die Tradition der Geschichtenerzähler - von Rafik Schami aufgenommen und weitergeführt. Ein Einblick in Familie und Heimat des Autors...

Rafik Schami erzählt, wie er zum Erzähler wurde, und zeichnet in den Märchen und Geschichten über seine Kindheit in Damaskus ein liebevolles Portait seiner Eltern und seines Großvaters, der selbst ein großer Flunkerer war. Eine mitreißende Autorenlesung für alle Fans von Rafik Schami! (Klappentext)

Ein Mann, der keine Geschichten erzählen kann, riskiert, von seiner Frau verkauft zu werden – dies ist eine der Lektionen, die der siebenjährige Rafik bei einem der gemeinsamen Basarbesuche von seinem Großvater lernt. Für ihn war dieses Erlebnis so prägend, dass er beschloss, künftig "Frauen immer Geschichten zu erzählen, damit sie mich nicht verkaufen". In elf Erzählungen, die zu seinen persönlichsten gehören, entführt Rafik Schami seine Leser in das Damaskus seiner Kindheit: in die Kaffeehäuser, vor das Radiogerät, in dem Abend für Abend, tausendundeine Nacht lang, Scheherazade nicht nur den König in ihren Bann zieht, auf den Basar, zu den Friseuren und in die Hinterhöfe – überall hin, wo erzählt wird. Hier begann der Weg des Erzählers Rafik Schami, der ihn bislang neunmal um die Erde geführt hat.

 

"Kindern erzählt man Geschichten zum Einschlafen, Erwachsenen damit sie aufwachen."

 

Ab und an lese oder höre ich gerne einmal ein Buch von Rafik Schami und weiß daher, welch schöne Geschichten er erzählen kann - ganz gemäß der Vorbilder traditioneller Geschichtenerzähler aus dem Morgenland. Hier nun verrät der Autor in verschiedenen Erzählungen, wie er selbst zum Geschichtenerzählen kam, was uns bis in seine Kindheit in Damaskus führt.

Sei es der Großvater, der den Kindern bei seinen Besuchen stets Geschichten in der Nacht erzählte, der Friseur des Viertels, der zu jedem Sprichwort eine Erzählung kannte und diese seinen Kunden zum Besten gab, die Nachbarschaft, die sich des Abends im Hinterhof mit Geschichten gegenseitig zu übertrumpfen suchte, oder auch die Radiosendung mit den Erzählungen von Schehrazade, die wochenlang lief und Rafik Schami seinerzeit ständig vom Schlafen abhielt - im damaligen Damaskus kam man an jeder Ecke mit der Erzählkunst in Berührung. So faszinierte den Autor von klein auf die Kunst des Fabulierens, und er dachte schon früh darüber nach, einmal ein Buch zu schreiben.

Nun, dieser Wunsch ging in Erfüllung, wie wir wissen, und Rafik Schami beweist dabei immer wieder, dass die Traditon der Geschichtenerzähler auch heute noch fortgeführt werden kann. Er selbst liest hier auch den Text der leider gekürzten Hörbuchausgabe (1 Stunde und 46 Minuten), was er mit seinem syrischen Akzent auch kunstvoll umsetzt. Ich jedenfalls habe es genossen, dem Autor zu lauschenn und dabei einen kleinen Einblick in seine Familiengeschichte und Heimat zu erhalten.

Klein aber fein...

 

© Parden