Rezension

Szenen einer (unglücklichen) Ehe

Bis nächstes Jahr im Frühling - Hiromi Kawakami

Bis nächstes Jahr im Frühling
von Hiromi Kawakami

Bewertet mit 4 Sternen

Noyuri und Takuya sind seit sieben Jahren verheiratet. Sie leben nebeneinander her, Liebe (falls überhaupt je vorhanden) ist der Tristesse des Alltags gewichen und Sex spielt auch schon lange keine Rolle mehr. Der Schock ist daher nicht all zu groß, als ein anonymer Anrufer Noyuri von dem Verhältnis ihres Mannes berichtet. Doch die "logische" Reaktion wie Streit, Rauswurf oder Trennung bleibt bei ihr aus. Stattdessen spielt sie nach außen hin weiterhin die brave Ehefrau und trägt den eigentlichen Konflikt mit sich selbst aus. Mehr und mehr stellt sie dabei sich selbst und ihr bisheriges Leben und auch ihre Beziehung zu Takuya in Frage. Trotz ihrer unklaren Gefühle für ihn, bringt sie aber nicht die Kraft für eine Trennung auf, selbst als ihr Mann sie um die Scheidung bittet. Als sie erfährt, dass er sogar zwei Geliebte hat, wächst sie endlich über sich hinaus und beschließt, ihr Leben ab sofort selbst in die Hand zu nehmen.

Hiromi Kawakami schrieb mit „Bis nächstes Jahr im Frühling“ eine sehr ungewöhnliche Liebesgeschichte oder vielmehr eine Geschichte nach der Liebe. Sacht und dennoch unverblümt schildert sie die Höhen und Tiefen einer Ehe, die emotionalen Etappen einer Trennung und hält den Leser nicht nur einmal dazu an, zu hinterfragen, wie er selbst in einer solchen Situation gehandelt hätte. Immer wieder verliert sie sich in den kleinen Details, etwa die japanischen Speisen - über Oden-Eintopf und Soba-Nudeln erhält man schöne Einblicke in kulinarische Vielfalt der japanischen Küche, und löst dadurch sicherlich bei dem einen oder anderen Leser Magenknurren aus. Allerdings ist es auch eben diese Detailverliebtheit, die streckenweise ein wenig ermüdend und deplatziert wirkt. Etwa wenn Noyuri das gefühlte fünfte Mal am selben Tag in ein Café oder Restaurant einkehrt, kommt schnell der Eindruck auf, dass der Text künstlich in die Länge gezogen werden soll. Dennoch sind es gerade jene Kleinigkeiten, die die Geschichte an sich abrunden und für den Leser erst greifbar machen.

Was schlussendlich bleibt, ist ein offenes Ende. Nun sollte sich der potenzielle Leser davon allerdings nicht abschrecken lassen, denn in diesem Falle ist es wohl gewählt und gut platziert. Statt eines abrupten Abbruchs oder einer starren Vorgabe, überlässt es die Autorin dem Leser selbst, zu entscheiden, ob es für Noyuri ein Happy End gibt.