Rezension

Tagebuch der Flutkatastrophe aus dem Ahrtal

Es war doch nur Regen!? -

Es war doch nur Regen!?
von Andy Neumann

Bewertet mit 4 Sternen

Ohne Vorwarnung kam die Flut über das Ahrtal. In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 brach eine Katastrophe über die beschauliche Weinregion herein. Zurück blieben Schlamm, unfassbares Leid und viele Jahre harter Arbeit, die den Bewohnern nun bevorstehen. Andy Neumann nimmt die Leser mit in diese Situation und macht auf sehr persönliche Weise deutlich, welche Kämpfe die Bewohner des Ahrtals durchstehen mussten. Mit etwas Prise Humor, insbesondere aber von einem klaren Willen geprägt: weitermachen.

Besonders hat mich an diesem Buch interessiert, wie man helfen kann und dass der Erlös den Opfern zugute kommt. Dieser Bericht ist eine sehr persönliche Dokumentation und zeigt, wie schlimm nicht nur das Unglück war, sondern auch, wie wenig Hilfe vom Staat kam und wie groß die Nachbarschaftshilfe, Selbsthilfe und spontane Hilfsbereitschaft von der nicht betroffenen Bevölkerung Deutschlands war. Manche Kritik wird nur angedeutet, auch Namen von Versicherungen, die nicht gezahlt haben und nur nach komplizierten, langwierigen, bürokratischen Hindernissen, werden nicht genannt. ich finde, es ist gut, so ein Zeitdokument zu haben, aber manchmal hätte der Autor mehr Klartext reden können. Wahrscheinlich wollte er aber nicht verklagt werden, wenn er z.B. Schuldige benennt, die die Katastrophe hätten verhindern können, durch rechtzeitiges Evakuieren, frühzeitiges warnen oder bessere Organisation hinterher. Aber der Staat hat gänzlich versagt und dann alle Verantwortung von sich gewiesen. Mit Staat meine ich hier alle Institutionen und Behörden, sowie Politiker, deren Aufgabe es gewesen wäre, zu intervenieren, zu warnen, zu evakuieren und Soforthilfe zu organisieren.

Ein aufschlussreiches Buch, der Schreibstil ist frisch von der Leber weg und teilweise nicht ganz flüssig (aber das ist ja auch nicht der Anspruch dieser Doku). Mir hat etwas gefehlt, dass der Autor nicht über seinen Tellerrand hinaus guckt und man etwas mehr über die Nachbarn erfährt, die nicht so tolle Freunde haben, aber in so einer Situation hat man genug mit seinem eigenen Trauma und dessen Verarbeitung zu tun. Und wenn man versucht sein Haus zu retten und in Bauschutt ertrinkt, ist man abends so erschöpft, dass man vielleicht noch ein paar Zeilen schreiben kann, aber nicht, dass man sich jetzt informiert, wie es anderen geht.

Ich wünsche mir nur, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und dass die Menschheit sich endlich besinnt und vernünftig wird und erkennt, dass die Zeiten der Bequemlichkeit nun vorbei sind und man den Klimawandel mit aller Macht bremsen muß, damit sowas nicht wieder passiert. Aber da die Menschen sind, wie sie sind, wünsche ich mir, dass man wenigsten draus gelernt hat und wenn es wieder passiert, schneller und besser reagiert und vor allem organisiert. Wozu gibt es eigentlich den Katastrophenschutz und die Bundeswehr ?

Ich werde dieses Buch nun jemandem schenken, der nach der Katastrophe zum Helfen ins Ahrtal gefahren ist.