Rezension

Tanz den (Bären)blues

Bärenblues - Joe R. Lansdale

Bärenblues
von Joe R. Lansdale

Bewertet mit 4.5 Sternen

Was Leonard unter besinnlicher Weihnachtsstimmung versteht, erfahren wir direkt zu Beginn des dritten Teils der kultigen Hap & Leonard-Reihe. Richtig – er sorgt für angemessene, stimmungsvolle Beleuchtung und setzt einmal mehr das Crackhaus nebenan in Brand. Die örtliche Polizeibehörde hat so ihre liebe Mühe, die Beiden immer wieder aufs Neue rauszuhauen und so schlägt Lieutenant Hanson ihnen einen Deal vor: Seine Freundin und Haps frühere Flamme Florida ist im Provinzkaff Grovetown verschwunden und die beiden Jungs sollen sie aufspüren. Doch die Sache hat mehr als nur einen Haken, an dem besonders Farbige leicht hängenbleiben könnten. In Grovetown ticken die Uhren nämlich anders und der Rassismus hat dort noch immer Hochkonjunktur. Ein gefährliches Pflaster für Leonard und eben auch für die vermisste Florida, die einem vermeintlichen Lynchmord auf der Spur war.

Also einmal kräftig in die Hände gespuckt und los geht´s für unsere beiden Hobbydetektive. Doch in dem Kaff werden sie gleich ordentlich in die Mangel genommen und stoßen schmerzhaft an ihre Grenzen, denn gegen eine solche rassistische Übermacht helfen alle coolen Sprüche und Selbstverteidigungskniffe nichts. Doch Aufgeben war noch nie eine Option für die beiden Freunde und so lecken sie zwar ihre Wunden, stehen aber allsbald wieder auf und setzen ihre gefährliche und immer auswegloser anmutende Suche nach Florida fort.

In »Mambo mit zwei Bären« (OT: The Two-Bear Mambo) schockt Lansdale seine Leser, indem er unsere beiden sprücheklopfenden Freunde von ihrem Superhelden-Sockel stösst und sie derb an ihre Grenzen führt. So derb, dass man richtig Angst bekommt. Und so kommt es auch, dass man sich nach einem gewohnt fluffigen Einstieg plötzlich in einem düsteren Setting wiederfindet mit einer überaus finsteren und unheilverkündenden Aussicht.

»Hier waren die Bäume mächtig und schwarz und gespenstisch. Tiefhängende Regenwolken waren aufgezogen und hüllten den kalten Sonnentag in traurig-graue Witwenschleier. Die pechschwarzen Wolken klebten über dem Wald beiderseits des schmalen, rissigen Highways, als wären sie flauschige Baumwollhüte, die nur von ein paar Sonnenstrahlen wie von polierten Hutnadeln durchbohrt wurden.«

Die Töne werden rauer und das ernste Hintergrundthema (Rassismus) wird vom Autor durch die Ausweglosigkeit der Lage, in der sich unsere Protagonisten befinden, grandios unterstrichen. Es ist wie eine Welle, die einen fortspült, wenn man sie nicht reiten kann. Ein Bild, das passender nicht sein kann, wenn man das Buch erst gelesen hat.

»Bärenblues« (Golkonda Verlag) ist die Neuauflage dieses Romans und beide Titel passen hervorragend, denn der Bezug findet sich in der Story mehrfach wieder. Hap & Leonard tanzen den Blues, ob sie es letztlich gut machen, muss jeder selbst lesen aber dieser dritte Teil der Reihe zeigt unsere beiden Protagonisten von einer sehr verletzlichen Seite, unterstreicht ihre innige Freundschaft und offenbart so einen tiefen Blick auf das Seelenleben beider Männer. Es sind wichtige Werte, die Lansdale neben all dem Sarkasmus hervorhebt: Treue sich selbst und seinen Freunden gegenüber; das Einstehen für die eigenen Überzeugungen und füreinander; der Kampf gegen Vorurteile und Intoleranz. Und so ist dieser Krimi trotz des gewohnt derben Humors und der Brutalität auch ein Apell an die Menschlichkeit. Unterhaltsam und spannend aber bei Weitem nicht seicht, klingt »Mambo mit zwei Bären / Bärenblues« noch lange nach.